Ach ja, der deutsche Hörspieler… alles was über den ???-Horizont hinaus geht, verunsichert ihn so sehr das er sich wadenbeißend ins Schneckenhaus der Kassettenkinderwelt zurück zieht und verzweifelt versucht das Erwachsenwerden des so innig geliebten Mediums an der Ausbreitung zu hindern.
Blah sing tröt… das alte Lied…
Doch gerade da wo sich die Geister scheiden, sind genau die Dinge zu finden, welche sich selbst ad absurdum führen. Wie kann jemand eine dritte Renaissance des deutschsprachigen Hörspiels erwarten, wenn er dem Medium verzweifelt versucht seine Kindlichkeit zu bewahren?
Im Moment ist dieses Phänomen beim Hörspiel „Teufelstochter“, der zweiten Folge des Gespenster-Krimi aus den Produktionshäusern Contendo und Audionarchie, zu beobachten.
Es wird stets versucht, den Nichthörspielhörern zu erklären, das sich Hörspiel nicht nur für Kinder eignet, sondern durchaus auch den Anspruch eines erwachsenen Mediums haben kann. Wird dann jedoch etwas abgeliefert, das für Erwachsene konzipiert und umgesetzt wurde, so verfällt man sofort in den „Aber das geht doch nicht!“-Modus und wendet sich mit errötetem Gesicht davon ab.
Eine Aussage auf Wikipedia, im Bezug auf zwei Hörspiele der Serie „Die drei ???“, macht dies sogar noch deutlicher: „Aufgrund von Fan-Beschwerden über einen zu hohen Anteil von „Gewaltausdrücken“ wurden die Folge 117 Der finstere Rivale sowie die Special-Folge …und der Super-Papagei 2004 in einer entschärften Version neu aufgelegt.„
Leider muss diese Serie bei mir immer dazu herhalten, wenn ich versuche den Muff des Vergangenen und die Scheuklappenmentalität vieler deutscher Hörspielhörer zu beschreiben. Die Serie an sich kann nichts dafür und auch 2/3 der Hörer nicht, doch gerade aus diesem Bereich kommen immer noch die lautesten Stimmen, wenn es darum geht dem Medium Hörspiel ein zeitgemäßes Update zu verweigern.
Den „finsteren Rivalen“ kenne ich nicht, doch weiß ich, das in der Neuauflage des Papagei das Wort „Hurensohn“ benutzt wurde, welches in der heutigen Zeit bereits in diversen Kindergärten Einzug unter den Teppichratten gehalten hat. Ok – kein schönes Wort, aber für die heutigen Verhältnisse doch wirklich eher in der gemäßigten Ecke anzusiedeln.
Doch zurück zur „Teufelstochter“, dem ach so verwerflichen Versuch einem Medium mehr abzuringen, als man ihm im landläufigen Gebrauch zugesteht.
Die Story stammt nicht aus der namensgebenden Heftromanserie, sondern wurde von Hörspielautor Markus Topf neu erfunden. Wer Topfs Geschichten kennt, besonders aus der Contendo-Reihe „Mord in Serie“, der weiß das er nicht mit realitätsnaher Sprache und in jedem guten Actionfilm gebräuchlichen Handlungen spart. Also sollte man als allwissender Hörspieler, wenn man sich denn so bezeichnen will, auch wissen das es etwas härter zur Sache gehen könnte und auf gar keinen Fall der Muff des Gewesenen durch die Audiohallen wehen wird.
Doch scheint dies einigen wenigen Käufern nicht bewusst gewesen zu sein, denn es gibt empörte Stimmen über den Umstand das eine recht saftige Sexszene – mit dem dazugehörigen Geilheitsvokabular – im Hörspiel zu hören ist und das auch eine Stereotypisierung der Sinti und Roma durch die hinterwäldlerisch agierenden Protagonisten der Geschichte vorkommt.
Zur Sexszene sei erwähnt das sich in unendlich vielen Horrorfilmen der Umstand „Wer Sex hat, der geht drauf!“ mittlerweile als durchgängiges Mittel zum Zweck etabliert hat und zur Stereotypisierung sei erwähnt, das dies auch da immer wieder als Kniff genutzt wird, wenn man die Engstirnigkeit von Menschen darstellen will, welche nicht über ihren nationalen und religiösen Tellerrand in der Lage sind hinaus zu sehen.
Was ist also so verwerflich daran, ein Hörspiel zu produzieren, welches sich aller gängigen Horrofilmklischees bedient und sich nicht an die Zielgruppe 4 bis 12 Jahre richtet?
Meiner Meinung nach nichts…
Es steht ja auch dran – „Empfohlen ab 16 Jahren!“. Nunja, wenn andere Gruselserien sich dieses Banner aufpappen, so stimmt das zumeist nicht, doch hier trifft es nun einmal zu.
Logischerweise müssen es nicht so abartige Dinge wie die Produktionen eines „Ohrhorror / Giftstachel“ sein, welche einem recht bedenklichen Geist entsprungen zu sein scheinen, doch wenn ich Horror als Hörspiel möchte, so weiß ich es als mittlerweile achtundvierzigjähriger Erwachsener zu schätzen, wenn sich dieser auch außerhalb der Kuschelstunden eines Gruselkabinett oder der kindlichen Naivität einer H.G. Francis Gruselserie – sowie deren Trashkopien – bewegt.
Natürlich kann man es nicht jedem recht machen, aber Dinge wie sich an der Sexszene und der Stereotypisierung zu erhitzen, sind ein wenig überzogen und zeigen wie wenig doch scheinbar einige Hörspieler mit dem Umstand umgehen können, das es ohne eine Adultisierung (Yay, ein nicht existierendes Fremdwort und auch auch noch ein Anglizismus) des Mediums und dessen Hörern keine neue Renaissance geben wird und kann.
Oder liegt es daran, das man an der Produktion unbedingt etwas negatives finden will, dies aber nicht an Sprechern und Inszenierung festmachen kann? Immerhin sind es ja die kleingeistigen Hinterwaldtiroler, welche in dem Hörspiel die Stereotypisierung vornehmen und es ist das personifizierte Böse, welches den Sex hat – und nicht Patrick Holtheuer, Christoph Piasecki oder Markus Topf.
Der Umstand, das sich im Jahr 2000 die Generation der Kassettenkinder dazu bewegen ließ hollywoodartige Töne und erwachsenere Geschichten als Träger des Mediums zu akzeptieren, löste die Welle des Neohörspiels aus, welche allerdings seit 2009 bereits wieder verebbt. Sollte sich die weitere Entwicklung des Mediums erneut nur in den Bahnen von „Ich will was neues, aber es darf nicht neu sein!“ bewegen, so sehe ich weiterhin schwarz für das Auf- und Überleben innovativer und ungewohnter Produktionen. Wer keinen Horror, Splatter und realitätsnahen Bezug im Hörspiel möchte, der sollte doch die alten Leisten schustern, denn die gibt es ja nach wie vor.
Werde erwachsen Hörspieler, sonst hörst Du bald das letzte Törööööööö vom Friedhof der Kuscheltierelefanten…
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