Vampire sind nicht gleich Vampire. War der Herr aller vampirösen Untoten, der gute alte Dracula, noch unversöhnlich mit sich selbst und der Menschheit, so haben seine heutigen Nachkommen eher den Drang nach Eingliederung in die menschliche Gesellschaft – wenn man den Autoren glauben schenken darf.
Mit zwei dieser Autorenschöpfungen habe ich mich in den letzten Tagen ausführlicher befasst: Stephenie Meyers TWILIGHT und Charlaine Harris TRUE BLOOD – zumindest deren Kino- bzw. TV-Umsetzungen.
Basiert TRUE BLOOD wohl nur in losen Zügen auf der SOOKIE STACKHOUSE-Romanserie von Charlaine Harris (welch ich nicht kenne) so halten sich die TWILIGHT-Filme recht genau an die Buchvorgaben. Dies mag sicher auch daran liegen das man dem Teenager-Publikum von Bella Swan eine zu weite Abschweifung im Film nicht zumuten wollte, um keine Fiktivwelten zu zerstören.
Beide Serien zu vergleichen kommt einem Kulturschock gleich, denn dieses Gefühl machte sich bei mir breit, als ich nach einer Pause in beide Welten zurück kehrte. Nach dem Verzehr der vierten Staffel von TRUE BLOOD verabreichte ich mir dann BREAKING DAWN Teil 1 & 2. Das mir da im Nachgeschmack die reißenden Bestien aus Bon Temps mehr zusagten als das Glitzervolk aus Forks konnte selbst der Anblick von Kristen „Bambi“ Stewart nicht verhindern.
Auch wenn in einer Episode TRUE BLOOD mehr Handlung abläuft als im ersten Teil von BREAKING DAWN, so hatte ich nach den schrecklich ernüchternden Geburtswehen von Renesmee – wer denkt sich solche Namen aus, ohne vorher Drogen konsumiert zu haben – Cullen von Teil Zwei mehr erhofft. Und siehe da, nach einer Stunde und 28 Minuten geschieht sogar im TWILIGHT so etwas wie Bewegung und es geht Vampir zusammen mit Werwolf gegen Vampir. Doch das Ende der wirklich gut inszenierten Schlacht trieb mir dann wieder die Zornestränen in die Augen. Wer an TRUE BLOOD stirbt, der ist auch tot – im TWILIGHT nicht, leider – es wäre eine nette Ernte gewesen, welche Gevatter Tod hätte einstreichen können. Doch damit wird dem Zuckergusspublikum von Bella & Edward mit wehenden Fahnen in die offenen Schmachtarme gespielt.
Doch soll es zwischen beiden Serie auch eine Schnittmenge an Konsumenten geben. Laut einer Umfrage in den USA stehen die Teeniemädels auf die Zurückhaltung Edwards gegenüber seinem körperlichem Verlangen gegenüber Bella – Happahappa wie auch Bettakrobatik. Doch auch in TRUE BLOOD ist es der Mensch – ebenfalls ein weiblicher Hauptprotagonist – welcher die Kopulation mit dem Untoten sehnlichst wünscht, während der Untote sich erst einmal ziert – zu hohes Verletzungsrisiko auf der menschlichen Seite.
Wo TWILIGHT jedoch bis zum Schluss auf verliebten Kuschelsex zwischen Bella und Edward setzte geht zwischen Bill Compton und Sookie eher die Leidenschaft recht blutige Extasewege. Ob sich das in den Romanen von Charlaine Harris auch so abspielt ist mir nicht bekannt, aber die TRUE BLOOD-Variante ist näher am Urmythos um die Unbeherrschtheit des Blutsaugers dran, als an Weichspüler Edward. Auch steht der Tod in TRUE BLOOD wesentlich weiter an forderster Front und die fast schon syphilitische Ausstrahlung des Vampirmythos ist zu jeder Zeit spürbar – Virus bleibt Virus.
Wo schneiden sich dann da die Fanmengen?
Bei mir schneidet sich da nur das ich meinen Spaß aus dem Anblick von Kristen Stewart – auch wenn sie nur über drei unterschiedliche Gesichtsausdrücke verfügt – ziehe, denn optisch hat diese Dame subjektiv ein wenig mehr zu bieten als Anna „Zahlücke“ Paquin in TRUE BLOOD. Allerdings ziehe ich die Wiederholung einer Staffel TRUE BLOOD jedem Rerun von TWILIGHT vor.
Während Bill Compton von weltlichen Problemen wie Public Relation für Vampire und Selbsterhaltungstrieb durchgeschüttelt wird, haben Bella und Edward einfach nur für sich und für ihre lieben Nachbarn zu sorgen. Das erste ist (fiktive) Realität und das zweite „Annakin Skywalker“ mit Fangzähnen. Und gerade deshalb zweifle ich ein wenig an der Kompatibilität von TB- und TL-Fans untereinander. Realisten und Träumer harmonieren nicht. Die Lovestorys von TRUE BLOOD gehen niemals gut aus, denn die Natur von Vampir und Menschen lässt sich nur sehr schwer in Lebensgemeinschaften pressen. Außerdem haben Sookie und Konsorten nicht wirklich das Bedürfnis gewandelt zu werden, denn das Leben als Vampir gibt in Bon Temps nicht die verklärte Romantik von Forks von sich.
Auch schauspielerisch öffnen sich Abgründe. Während in der TV-Serie über vier Staffeln hinweg großes Acting geboten wird, leben die Bewohner von Forks davon gut auszusehen und mit verklärtem Blick in die Kamera zu glotzen. Auch müssen sich Robert Pattinson und seine Vampirkollegen nicht mit störenden Beisswerkzeugen herum plagen. Stephen Moyer, Alexander Skarsgård und Debora Ann Woll hingegen müssen ihr TRUE BLOOD mit ziemlich großen Hauern zu sich nehmen. Erstaunlicherweise sind diese Schauspieler verständlicher in den Dialogen als Kristin Stewart ohne jede Protese.
Und hier lohnt es sich wieder einmal die Produktionen im Originalton zu konsumieren. Nicht nur das die Akzente von 98% aller TRUE BLOOD-Figuren die ganzen Dialoge wie Gesang erscheinen lassen – langgezogener Südstaaten-Slang – auch bemerkt man schnell das Stewart und Pattinson wirklich nur mit ihrem Aussehen spielen und nicht mit ihren stimmlichen Möglichkeiten.
Im Nachhinein bleibt nur übrig das sich Realisten besser ein TRUE BLOOD genehmigen sollten und die Romantiker im TWILIGHT besser aufgehoben sind. Ein Schnittmenge ist für mich da nicht zu erkennen.
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