Vierzig Jahre nach dem Zusammenbruch der Zivilisation haben sich Überlebende in abgeschiedene Enklaven zurückgezogen, in versteckte Keller, alte Bergwerke, verbarrikadierte Dörfer und unzugängliche Stadtteile, denn durch das verwüstete Ödland ziehen bewaffnete Söldnerbanden und greifen auf der Suche nach Essbarem und aufbereitetem Wasser jeden an, der ihnen in die Quere kommt.
Mega, ein neunzehnjähriges Mädchen, wächst in einem Heizungskeller unter einer Universität auf. Die Gemeinschaft aus Wissenschaftlern und ehemaligem Sicherheitspersonal schickt Piloten ins Ödland, um Kontakt zu anderen Enklaven aufzunehmen, doch noch nie ist einer von ihnen zurückgekehrt.
Schließlich wird Mega mit der Mission beauftragt im Osten eine Siedlung zu suchen, die Ersatzteile für die Wasseraufbereitung herstellen kann.
In einem ultraleichten Liegefahrrad wagt sich die letzte Pilotin auf die leeren Autobahnen des Ödlands.
Der Beginn einer gefährlichen Reise.
Es gibt Perlen, welche die Muschel „Eigenverlag“ leider noch nicht verlassen haben obwohl sie sich mit Produktionen aus größeren Verlagen problemlos gegenüberstellen lassen. „Ödland“ ist so eine subjektive Perle, welche ich jetzt belesen durfte.
Beginnen möchte ich beim ersten Band von „Ödland“ nicht mit der Geschichte an sich, sondern mit der Aufmachung des Buches, denn dies ist ja bekanntlicherweise der erste Kontakt mit dem „Feind“ auf dem Schlachtfeld der Buchhandlungsregale.
Schon das Cover von Colin M. Winkler – woher kenne ich den Namen bloß? Rick Future! (Hörspiel) – verpackt die Stimmung der ganzen Story kurz und knapp in ein einziges Titelbild. Mega – also die Hauptprotagonistin des Buches – mit Knarre in der Hand vor einem „alles ist kaputt“. Nicht mehr und nicht weniger, denn in dem Buch geht es auch um nicht mehr und nicht weniger. Beim Blättern durch die Seiten entdeckt man immer wieder „Blutflecke“, „Abriebe“ oder „Kratzer“, welche der dystopischen Story noch ein wenig das Feeling geben, man habe das Buch eben irgendwo im Schutt gefunden.
Soweit zur Optik…
…jetzt ans Eingemachte.
Was ist geschehen? Zachariae lässt sich anfangs nicht wirklich genau darüber aus, doch das zitierte Buch „Das Jahr Null“ seines fiktiven Charakters „Prof. Dr. Walden“ lässt keinen Zweifel daran, dass die Menschheit Erfolg damit hatte sich selbst den Exitus zu verpassen und evolutionstechnisch begonnen hat den Rückmarsch in Richtung Steinzeit und schlimmer anzutreten.
In dieser Welt, in der jeder der Feind seines Nächsten ist, findet die Belegschaft des „Kellers“ das Kind, welches sie Mega nennen, vor seiner von der Außenwelt abgeschotteten Türe und nimmt das fast verhungerte und halbtote Wesen in seine Reihen auf, welche aus den Überlebenden einer Universitätsbesatzung bestehen. Auch wenn viele der Meinung sind, das Mega eines Tages zu einem Problem heranwachsen könnte, so zieht man sie auf und versucht sie in die Gemeinschaft zu integrieren.
Zachariae verlässt sich nicht auf eine gleichmäßig ablaufende Erzählebene, sondern beginnt alles mit einer Mega, welche den Keller bereits hinter sich gelassen und in einer neuen Konklave Zuflucht gefunden hat um sich erst danach mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Wer sie ist und wieso sich die ganze Story um das Mädchen mit dem Stern-Tattoo unter einem Auge dreht, erfährt man in Rückblenden, während die Geschichte in der „Jetztzeit“ ebenfalls kontinuierlich in immer kürzeren Einschüben in Megas Origin fortgeführt wird.
Megas Werdegang vom Keller bis zur Konklave wird von Zachariae recht nachvollziehbar geschildert, was mich bei einem männlichen Autor doch etwas wundern machte, denn er scheint sich recht gut in die Psyche seiner Protagonistin hinein versetzen zu können. So wandert er in ihrer Gedankenwelt vom kindlichen Mädchen hin zur erwachseneren Kämpferin im Ödland hin und her und das „coming of age“ von Mega wirkt weder gestelzt oder gar fremdinterpretiert, sondern scheint von ihr selbst zu stammen. Entweder sehr gute Recherche oder einfach nur ein guter Autor – was herauszufinden wäre in den folgenden Bänden, von denen bisher noch zwei Ausgaben erschienen sind.
Jugenddystopien hatte eine Zeit lang Hochkonjunktur, welche jedoch gottseidank wieder abgeflaut ist. Christoph Zachariaes „Outland“ stellt ein Bindeglied zwischen der dystopischen Unterhaltung für Jugendliche und der etwas ernsthafteren, nicht durch Lovestorys verwässerte, Endzeit für Erwachsene. Mega ist zwar ein sehr junger Protagonist, doch sind ihre Handlungen und der beschriebene Leidensweg von Zivilisation, Protagonist und Gesellschaft alles andere als nur für jugendliche Leser geeignet.
Der „Keller“ stellt einen guten Einstige in eine wirklich kaputte und gut auf- und ausgebaute Postatomwelt dar, welcher Lust auf mehr macht, denn Zachariae lässt in diesem Erstling viel Luft nach vorne.
Es wäre Mega ebenfalls zu wünschen, dass ein Biggie-Verlag auf sie aufmerksam wird und sie sich somit ein wenig mehr wird ausbreiten könnte, denn sie ist definitiv eine Perle in einer nicht für jeden zu sehende Muschel.
Und der Blick auf die Webseite des Verlages „Lucid Dreams“ lohnt sich definitiv, denn Mega und das Ödland sind mehr als nur Text…
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