22 – Der Fliegende Holländer

Gruselkabinett-22Bis in alle Ewigkeit verflucht, muss das Geisterschiff des fliegenden Holländers die Weltmeere auf der Suche nach der ersehnten Erlösung der Mannschaft durchstreifen. Unheil droht demjenigen, der des rotglühenden Dreimasters in stürmischer Nacht angesichtig wird. Verderben hingegen wird dem zuteil, der sich mit dem verfluchten Kapitän des Seglers einlässt….

TrennstrichEs ist schwer bei der Beschreibung eines Hörspiels von Titania nicht ins schwärmen zu geraten oder in Superlativen zu verfallen. Doch diesmal könnte es so sein.

Sprechtechnisch gibt sich alles die Klinke in die Hand was Rang und Namen hat. Selbst eine drei Zeilen Rolle ist mit Hochkarätern besetzt, wie der „Ausguck“ mit Thomas Nero Wolff. Der Rest ist ein reines who-is-who der Schauspieler- und Synchronszenen. Auch möchte ich nicht in das Urteil mit einfallen, das bei Titania immer nur die selben Sprecher zum Zuge kommen. Das mag zwar ab und an zutreffen, doch sind die Sprecher von so hoher Qualität das es mir nicht schwer fällt sie öfter und in verschiedenen Rollen zu hören. Da das Gruselkabinett keine durchgehende Serie ist und die Sprecher nicht auf starre Rollen festgelegt sind, sehe ich es nicht als negativ an, wenn Sprecher X in Folge 22 einen Grafen spielt und in Folge 23 einen Waldschrat.

Doch zum „Holländer“. Das Drehbuch – sicher alles was der Stoff herzugeben bereit war, die Geräusche – so nah am Leben das man die Szenerien förmlich sehen kann, die Sprecher – alles fantastische und hervorragende Sprecher, die Musik – die klassisch orchestrale Untermalung ist ein Traum und vertieft jede Szene noch mehr…

…nur der Grusel – nicht vorhanden!

Die Umsetzung ist so opulent wie immer und es ist ein reines Klanggemälde was Titania da abliefert – doch ich habe mich zu keiner Zeit auch nur im entfernsten Gruseln können. Die Geschichte des ruhelosen Seefahrers ist sicher auch nicht die gruseligste, welche jemals ersonnen wurde und sie gibt an unheimlichem Flair nur recht wenig her. Ich sah eher eine nette Liebesgeschichte in ihr und nicht mehr.

Doch möchte ich einmal, und dies sei mir gestattet, einen besonderen Punkt erwähnen. Alle reden stets über die tollen Sprecher, die geniale Musik, den hollywoodreifen Sound – doch nur wenige über die welche das ganze überhaupt erst zusammen bringen und zum Leben erwecken. Was Stephan Bosenius und Marc Gruppe bei ihren Hörspielen, mit jeder Veröffentlichung, leisten ist für mich Klangzauberei vom feinsten. Ein guter Sprecher alleine ist nur gut – mit einer guten Regie wird er genial. Kann ein einzelner Sprecher, wenn er ein Hörbuch einsprechen soll, alles von Alpha bis Omega (fast) alleine bestimmen wie er es machen möchte und die ganzen Zusammenhänge der Geschichte überblicken, so ist es bei einem Hörspiel zumeist anders. Die Sprecher nehmen die Rollen einzeln auf, ohne die anderen Sprecher zu „hören“ und darauf in ihrer Rollen „reagieren“ zu können. Da kommt nun, und das ist ja keine neue welterschütternde Erkenntnis, die Regie ins Spiel. Diese sollte wissen was sie haben möchte und dies auch umsetzen können – also den „großen Plan“ im Kopf behalten und auch ausführen. Das gelingt den beiden in allem was ich bisher von ihnen gehört habe. Auch wenn es manchmal am Gruselfaktor, ob der klassischen Vorlage, mangelt, so sind die Hörspiele doch stets saubere Handarbeit und jedes für sich ein Hörgenuss.

Der „Holländer“ ist perfektes Kopfkino, doch am Grusel segelte er leider vorbei…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
Letzte Artikel von Thomas Rippert (Alle anzeigen)