Dorian Gray, ein wohlhabender englischer Gentleman ist nur von einem einzigen Gedanken besessen: die ewige Jugend zu erlangen! Von seiner eigenen Schönheit bezaubert, verkauft er seine Seele, um seinen Wunschtraum wahr werden zu lassen. Hemmungslos gibt er sich seinem Hang zu maßloser Verschwendung, Verbrechen und Grausamkeit hin, denn er altert nicht mehr und sein zügelloser Lebensstil hinterlässt an seinem Körper keine Spuren. Doch auf seinem gemalten Portrait verbirgt sich die grauenvolle Wahrheit.
Als im Jahr 1890 die erste Fassung der Geschichte als Serienroman in Lippincott’s Monthly Magazine, und im Jahr darauf die Buchversion in einem Londoner Verlag, welche von Wilde noch erweitert wurde, erschienen, war die Erzählung um Dorian Gray ein Skandal sondergleichen.
Auch wenn heute die Metapher von der Boshaftigkeit, welche sich hinter so mancher schönen und harmlosen Fassade versteckt, immer noch so viel Bedeutung hat wie vor 100 Jahren, so kann die Geschichte an sich nicht mehr wirklich schockieren oder gar einen Sturm der Entrüstung lostreten.
So ist es denn angeraten solch eine doch mittlerweile angestaubte Geschichte durch andere Dinge zu transportieren, als durch sich selbst. Und diesem gedachten „Rat“ ist das Label Maritim in seiner Umsetzung gefolgt.
Nicht nur das man Spannung und Dramatik durch geschickt eingesetzte Chorstücke und Bombastorchstermusik zu erzeugen versteht, man hat auch einige der Charaktere einem verträglicheren Bild angepasst – zumindest in soweit ich mich der Geschichte erinnere. Lord Watton ist zu einem recht ältlichen, wenn auch sehr lebenserfahrenen, Mann mutiert, welcher seine ungewöhnliche Lebensauffassung dem jungen Gray in fast schon ekstatischer Rede aufzwingt und ihn so mit dem Keim versieht, welcher später so bösartige Früchte tagen soll.
Auch sonst wird Dramatik in Reinkultur geboten, welche jedoch in einem Punkt sehr stark aus dem Ruder läuft. Der Erzähler, Bernd Vollbrecht, übertreibt die Dramatik einer jeden Erzählpassage so sehr das sich sein Einsatz nur in das Gesamtbild einfügt wenn auch wirkliche Dramatik herrscht. Sobald er jedoch die Ankunft einer Kutsche vor einem Haus so instrumentiert als wäre die es der Untergang der westliche Zivilisation, nimmt diese sofort das aufgebaute Feeling aus der Inszenierung heraus, drängt sie ins ungewollte humoristische und man ist froh wenn er nicht mehr zu Wort kommt.
Die Rolle des Lord Watton musste wohl auch angepasst werden, denn Peter Weiss ist hier so atemlos wie ich ihn noch nie gehört habe. Die Rolle scheint wie Blei auf ihm zu lasten, doch passt dies perfekt zum dargestellten Charakter. Florian Halm hingegen kann als ewig jugendlicher Dorian Gray viele akustische Punkte sammeln, wenn er zum späteren Zeitpunkt den lebenserfahrenen, aber dennoch blutjungen, Egoisten stimmlich über Leichen gehen lässt und der Bestie in Menschengestalt somit die notwendige unterschwellige Brutalität verleiht.
Der Rest des Sprechcasts ist Legion und kann sich mit Nachnamen wie Rode, Klebsch, Brammer, Dempe, Groeger, Fritsch, Werfel, Habeck und vielen anderen Stimmgiganten schmücken. Diese agieren in einer perfekten Inszenierung, welche stets den Nagel akustischen auf den Kopf trifft und es problemlos schafft auch notwendig unangenehme Stimmung zu erzeugen und die Sprecher im, teilweise recht bösen, Spiel zu unterstützen.
So sollte man so einen Klassiker umsetzen, mit viel Gefühl für Änderungen wo sie angebracht sind und mit einer über Gebühr strapazierten Portion von Dramatik und Pathos…
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