Piraten

Piraten

Captain Ben Avery soll eine wertvolle Krone auf dem Seeweg nach Madagaskar bringen. Mit an Bord ist die schöne Lady Vanity. Natürlich verliebt sich Avery in die attraktive Mitreisende, natürlich wird das Schiff von Piraten überfallen, natürlich die Krone geraubt und natürlich Vanity in die Sklaverei verschleppt. Und so bleibt Ben Avery nichts anderes übrig, als heldenhaft einzugreifen. Doch mit solch bizarren Persönlichkeiten wie Black Sheba, Bilbo oder Firebeard ist nicht zu spassen; von den zahllosen anderen piratischen und nichtpiratischen Schurken, die nach der Krone und/oder Vanity gieren, ganz zu schweigen.

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Piraten! Wer hat nicht als Kind, zumindest in meiner Generation, davon geträumt einmal mit den großen Helden der sieben Weltmeere in ihren prächtigen Schiffen zu segeln und die Abenteuer mit zu erleben die man nur aus TV und Kino kannte. Aber so einfach war das Leben damals nicht, wie uns die Hollywoodtraumfabriken weismachen wollten. Es gab viel Unbill dem sich die Herrscher der Meere ausgesetzt sahen – und viele davon haben sich sogar bis in die heutige Zeit übertragen. Später dazu mehr.

Wer hier Brachial- oder gar Gossenhumor vermutet und erwartet, wird enttäuscht werden. Viele der Gags beziehen sich auf die heutige Zeit und werden einfach kurzerhand in die Situationen eingebracht. Wie zum Beispiel die Szene in der Ben Avery ein Schiff ausrüsten will. Der Verkäufer empfiehlt ihm eine guten Versicherung für seine Mannschaft mit den Worten (sinngemäß) – in besten Ruhrpott-Slang – „Eine Breitseite, dat Gestell is ab und bevor man sich versieht hat der Lump eine Boutique aufgemacht von der Abfindung!“.

Der doch recht sarkastische Erzähler Amido Hoffmann führt den Zuhörer gekonnt durch jedes Szenario und kommentiert zusätzlich noch fast alles, was sich da so ereignet. Seine Aufgabe ist wohl die schwerste wenn auch die am besten umgesetzte. Er schafft es, durch seine trockene Art des Vortrages, selbst mit nur einem einzigen Wort ein gut plaziertes Schmunzeln zu erzeugen. In einer Szenenbeschreibung – es geht um die Beobachtung einer Knutschszene – ist es nur die Satzendung „…, das Schwein.“ welche der ganzen Situation eine erfrischende Komik verleiht. Diese hält sich durch das komplette Hörspiel und es ist diese Unaufdringlichkeit der man sich kaum entziehen kann. Der Zuhörer wird nicht platt auf einen Gag hin gestoßen, sondern er muss teilweise schon recht genau aufpassen um jeden Scherz auch zu erwischen.

Wobei ich die Bezeichnung Gag oder Scherz auch recht unpassend finde, mir aber irgendwie keine verständlichere Erläuterung einfallen will. Auch fallen diverse Dinge bei der ersten Erwähnung gar nicht so extrem auf – wie zum Beispiel der Hinweis das Black Sheba Stiefel von Gucci trägt. Das ist so alltäglich dass man es kaum bemerkt, obwohl es doch offensichtlich ein absoluter Anachronismus ist. Nachdem mir dies aufgefallen war hörte ich noch genauer zu, was sich als sehr lohnenswert heraus stellte.

Auch die anderen Sprecher glänzen in ihren Rollen und leben so viel Akzente und Sprachakrobatik aus das es einem schwindelig werden könnte. Allen voran Raphael Burri, welcher sich in mehreren Rollen gleichzeitig austobt, was mir aber auch nur anhand eines Blicks in den CD-Halter auffiel und ansonsten nicht von mir bemerkt worden wäre.

Die Musik ist ein Fall für sich. Dem Booklet ist zu entnehmen das sie im Jahre 1935, für einen Errol Flynn-Piratenfilm komponiert wurde und sich somit doch schon als klassisch bezeichnen kann. Was könnte ein Piraten-Hörspiel besser unterstreichen als die Musik eines Piratenfilms! Die Soundkulisse ist ebenfalls sehr gediegen und atmosphärisch ein- und umgesetzt. Doch irgendwie war mir das bei diesem Hörspiel egal. Sie hätte auch schlechter sein können, da es hier absolut nicht darauf ankam. Die Sprecher und die absolut genial unterhaltende Geschichte sind Hörgenuss genug – wenn dann noch die Hintergrundkulisse stimmt kann es eigentlich nur eines geben…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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