Wer hätte geglaubt, als 1995 Kurt Russel und James Spader von Regisseur Roland Emmerich zum ersten Mal durch ein Stargate geschickt wurden, das diese Geschichte solche Ausmaße annehmen würde?
Drei Jahre nach dem Kinofilm, griff das Fernsehen die Idee auf und schickte von 1997 bis 2007 das „Kommando SG1“ durch unzählige Tore auf unzählige Welten, wurde die Stadt „Atlantis“ von Wissenschaftlern des Stargate-Programms erforscht und unter großem Einsatz und Verlusten gegen die „Wraith“ verteidigt (2004 bis 2009) und das Forschungsschiff der „Antics“ – die „Destiny“ – entdeckt und unfreiwillig von Militär und zivilen Wissenschaftlern bemannt.
Da ich ab und zu warte wie sich eine Fernsehserie entwickelt, um mir dann – nach Beendigung der Serie oder dem voranschreiten nach mehr als 3 Staffeln – ein besseres Gesamtbild von allem machen zu können, hatte ich mir „Stargate Universe“, oder auch kurz SG-U, lange Zeit aufbewahrt.
Das „Kommando SG1“ war mir zu naiv und wollte für mich irgendwie den Flair des Films so gar nicht einfangen. Die Kostüme wirkten lächerlich, die Storys waren so anspruchsvoll wie eine Episode „Schwarzwald-Klinik“, die Sprachen der Außerirdischen schienen nur aus jeweils drei bis vier Sätzen oder gar Wörtern zu bestehen – ich sage nur „Jaffa kre“ (oder so ähnlich) – und auch sonst wirkte auf mich alles eher wie eine Art Fanfilm, denn wie eine ernstzunehmende TV-Serie.
Besser stellte sich da schon „Stargate: Atlantis“ dar. Dunkler, depressiver und mit Gegnern angefüllt, welche nicht wirkten wie Bandwürmer auf Designerdrogen, fehlte zwar immer noch eine Menge Biss um die vollen Möglichkeiten des Stargate Universums auszuschöpfen, doch die Ansätze waren definitiv vorhanden.
Die dritte Serie, nimmt man die Zeichentrickeinlage „Infinity“ einmal aus, begann endlich das volle Potential des Universums, in dem Emmerichs Kinofilm gerade einmal die Oberfläche angeraut hatte, auszuschöpfen und sich in Gefilde vorzuwagen, welche man nicht so einfach durch ein Stargate würde verlassen können.
Eine kurze wikipedianische Zusammenfassung der groben Handlung…
„Eine Gruppe von Soldaten, Wissenschaftlern und Zivilisten, die von Dr. Nicholas Rush und Colonel Everett Young angeführt wird und auf einer Basis auf einem anderen Planeten stationiert ist, wird angegriffen und überrannt. Bei ihrer Flucht gelangen sie an Bord des fremden Raumschiffes „Destiny“. Dieses wurde vor sehr langer Zeit von einer außerirdischen, aber menschenähnlichen Rasse, den Antikern, gebaut. Die Destiny ist zurzeit ein unbemanntes Forschungsschiff, das immer noch einen alten einprogrammierten Auftrag erfüllt und auf einem festen Kurs den Weltraum erkundet. Die Menschen sitzen auf dem Raumschiff fest, denn die Flugroute lässt sich aufgrund der alten Programmierung nicht verändern. Ihre Reise führt in unerforschte Regionen des Weltraums, die außerhalb der aus den bisherigen Serien bekannten Galaxien liegen. Verlassen können sie das Raumschiff nur während der einprogrammierten Zwischenstopps. Sie können weder durch das Stargate noch mit dem Schiff selbst auf die Erde zurückkehren. Nur die Kommunikation mit der Erde ist über eine spezielle Antiker-Technologie möglich.„
Eine vollkommen ausweglose Situation, welche die Zusammenarbeit aller Beteiligten erfordern würde, um sie zu einem guten Ende zu bringen. Doch diese Zusammenarbeit existiert nicht, denn die diversen Machtgefüge auf der Destiny werden immer wieder durch Einflüsse von innen oder außen schwer erschüttert und ins wanken gebracht.
Dem egomanischen Wissenschaftler Rush geht es vorrangig um die Erforschung der Destiny, ihres Ursprungs und ihres Ziels. Colonel Young hingegen sieht es als seine erste Pflicht an, die unfreiwillige Besatzung des Raumschiffs wieder zurück zur Erde – oder zumindest durch ein Stargate in die Nähe einer menschlichen Kolonie – zu bringen. Somit geraten beide Seiten stets aneinander und diese Auseinandersetzungen werden zumeist mit unfairen und recht drastischen Mitteln ausgeführt.
Auf der einen Seite das Militär, auf der anderen Seite die Wissenschaftler und all dies auf einen Raumschiff das seine besten Zeiten lange hinter sich hat, eher eine lebensfeindliche Umgebung darstellt und gegen das Atlantis noch wie ein Erholungsresort wirkt. Sämtliche Systeme stehen dauerhaft kurz vor dem versagen und die Menschen müssen dies so gut wie möglich in den Griff bekommen, ohne überhaupt wirklich zu wissen was sie da eigentlich machen. Und… es gibt Aliens… feindlich gesinnte Aliens… welche großes Interesse an der Destiny haben.
Die Schauspieler agieren mit ihren Grauzonen-Charakteren in einer fast schon dystopisch zu nennenden Umgebung in depressiven Geschichten, welche innerhalb einer einzigen Folge mehr Tiefgang aufweisen können als eine komplette Staffel „SG1“ zusammengenommen.
Der Wissenschaftler Nicholas Rush, gespielt von Robert Carlyle, bewegt sich stets am Rande eines vermuteten Wahnsinns und agiert vorrangig in seinem Interesse – was es dem Zuschauer erschwert ihn zu mögen, auch wenn er durchaus angenehme Seiten hat. Dies bemerkt man besonders, wenn man sich die Serie im Originalton ansieht und die weiche Stimme Carlyles, mit ihrem gutturalen schottischen Akzent, die Figur akustisch sympathischer macht, als man sie gerade eben noch hat agieren sehen.
Colonel Everett Young, verkörpert von Louis Ferreira, steht ständig unter dem Selbstzweifel solch ein Kommando überhaupt noch aufrecht erhalten zu können und der Aufgabe gerecht zu werden. Dies drückt Ferreira durch sehr leises und fast nuschelndes Spiel aus, welches dem Charakter, trotz aller Härte, etwas sehr fragiles verleiht.
Das Teenagergenie Eli Wallace, der gehorsame Soldat Matthew Scott, die Senatorentochter Chloe Armstrong, die Arzthelferin Tamara Johansen, der hartgesottene Marine Ronald Greer, die Diplomatin Camile Wray und der versetzte Kommandoführer der Ikarus-Basis Colonel David Telford – sie alle erscheinen in ihren ersten Augenblicken wie stereotype Kopien ihrer Serienvorgänger, doch beginnen sie sich bereits im Pilotfilm „Air“ meilenweit von ihnen charakterlich zu entfernen.
Scheinbar lag auch darin die Einstellung der Serie nach nur zwei Staffeln begraben. Die Charaktere sind alles andere als die patriotischen SG1-Mitglieder oder die leicht rebellischen Besetzer der Atlantis-Basis.
Homosexualität ist genau so wenig ein Tabuthema innerhalb der Serie wie Insubordination, Machtmissbrauch, Ehebruch, Unterdrückung durch seelische wie auch körperliche Gewalt, Diktatur oder gar der Genozid einer Rasse.
Das scheint den Stargate-Fans zu viel des realen Guten gewesen zu sein und ihre saubere Scheinwelt ein wenig zu stark erschüttert zu haben. Die phänomenalen Einschaltquoten des Pilotfilms „Air“ konnten nie wieder erreicht werden und so wirkt das Ende der zweiten Staffel eher wie ein kompletter Abschied von Destiny und Besatzung. Dieser Abschied scheint gewollt zu sein, da man scheinbar eine Rückkehr auf das Schiff der Antics für eine dritte Staffel wohl schon im Vorfeld für unwahrscheinlich hielt. Ein Cliffhanger ist zwar vorhanden und ermöglicht auch nach ein paar Jahren noch die problemlose Rückkehr in diese Gefilde, doch bewegt sich in diese Richtung kein Lüftchen, welches bedauerlich ist.
Nachvollziehbare Charaktere, mit realen Problemen und realen Hintergründen – das war scheinbar nicht des Stargaters Sinn, weshalb er der Destiny vorzeitig den Treibstoff entzog. Tiefgründige Storys sind gefragt, aber nicht in einem Popcorn-Francise wie dem Stargate, denn hier muss es flach und einfach zugehen – „Jaffa kre“ eben. Das strengt nicht an und das erfordert keine zu große Aufmerksamkeit.
Gehst Du patriotisch und mit einem stolzgeschwellten „All hail the Jaffa kre!“ durch das Stargate, bekommst Du volle zehn Jahre. Als Outlaw mit Maulkorb und immer wieder starspangled gebleichter Weste, immerhin noch fünf Jahre. Als anspruchsvolle Underdog-Unterhaltung mit unangenehmem Tiefgang, begräbt man dich bereits nach zwei Jahren.
Von diesen Protagonisten fällt der Abschied „schwer“, soweit man von so etwas bei einem Kunstprodukt reden kann. Das „Jaffa kre!“ ist schon lange komplett unhörbar verklungen, Atlantis wieder in der Bedeutungslosigkeit versunken, die Destiny jedoch fliegt weiter – bis zur nächsten Galaxis… in der Hoffnung der SG-U-Fans das Eli wusste was er tat.
Bye, bye, Destiny. Es war schön, auch wenn es nur kurz war!
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