Interview mit einem Vampir

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Gerade erst fünfundzwanzig Jahre alt ist der hübsche, begehrenswerte Louis, als er im New Orleans des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts zum Vampir wird – „gezeugt“ von Lestat de Lioncourt, dem unbelehrbaren Rebellen unter den Vampiren, dem gefallenen Engel mit den blauen Augen und dem blonden Haar. Und Lestat wird für Louis zum geliebten Lehrmeister, der ihn in die Welt des Übersinnlichen einführt. Gemeinsam machen sie sich auf eine Reise durch die ganze Welt, auf der Suche nach anderen Untoten, nach Gefährten und Abenteuern in der ewigen dunklen Unsterblichkeit.

Sprecher: David Nathan

Autorisierte Lesefassung, 4 CD, Spielzeit: 315 Minuten

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Louis de Pointe du Lac wird von tiefen Selbstvorwürfen gepeinigt. Er kommt nicht über den Tod seines Bruders hinweg, von dem Louis ausgeht ihn verschuldet zu haben. Der jüngere Bruder stürzte eine Treppe hinab und brach sich dabei das Genick. Getrieben verschlägt es ihn in die Unterwelt der brodelnden Stadt New Orleans. Eines Tages tritt Lestat an ihn heran. Lestat ist ein Vampir und er will Louis zu einem Nachtwesen machen und ihn so aus seinen Seelenqualen erlösen.

Im Jahr 1791 ereignet sich so das Geschehen welches das Leben von Louis vollkommen auf den Kopf stellen wird. Zuerst hat Louis großen Spaß am Dasein eines Vampirs denn er sieht darin eine Befreiung aus allen irdischen Fesseln denen er bisher unterlegen war, doch entstehen bald zwischen den beiden Vampiren moralische Klüfte die nicht so einfach zu überwinden sind.

Lestat liebt das ausschweifende Leben und das ausgeben von Geld liegt in seiner Natur. Doch ist Lestat nicht in der Lage mit Geld umzugehen und er benötigt Louis Erfahrung im haushalten von Vermögen. Die beiden Charaktere sind einfach zu unterschiedlich als das es auf lange Sicht zu einem weiteren Zusammenleben ausreichen könnte. Louis ist gebildet, kommt aus einem gutbürgerlichen Verhältnis und sehr feinfühlig, doch Lestat ist eher grobschlächtig, ungebildet und nutzt seine Macht weitesgehend unbeherrscht aus.

So kommt der Tag an dem Louis sich entschließt seinen Meister zu verlassen. Doch Lestat kann ihn aus egoistischen Gründen nicht gehen lassen und so greift er zu einem brutalen Mittel indem er das Mädchen Claudia zum Vampir macht und so an sich bindet. Dies nötig Louis dazu ebenfalls bei Lestat zu bleiben, da er zu Claudia ein sehr inniges Verhältnis entwickelt hat. Über einen längeren Zeitraum hinweg funktioniert das Zusammenleben der Drei recht gut, doch nach und nach entwickelt Claudia sich weiter und verlangt nach Dingen und Wissen das Lestat und Louis ihr nicht geben können. So nimmt die Tragödie ihren Lauf und Louis flieht mit Claudia.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Louis erzählt, welcher die Geschichte an einen namenlosen Jungen weiter gibt der diese auf Tonbänder bannt um sie für die Nachwelt zu erhalten. Alles beginnt im schwülen Klima der Umgebung von New Orleans. Und welche Ecke der Welt eignet sich besser um solch eine Geschichte zu beginnen. Gerade aus der damaligen Zeit ergeben sich viele Spielmöglichkeiten um moralische Aspekte aus zu leben und in immer wieder neuer Form einfließen zu lassen. Zuerst ist Louis ein sehr moralisch denkender Mensch, welcher sich von seinen Vorstellungen jedoch immer mehr entfernt, je länger er in dem Dasein als Vampir existiert.

Lestat hat Louis nicht aus Mordlust zum Vampir gemacht, sondern aus purer Berechnung da er dessen Fähigkeiten benötigte um sein weiteres Leben unter Menschen fortführen zu können. Auch sind die Vampire hier nicht so wie man es aus Geschichten gewohnt ist welche in dieser Epoche spielen. Sie sind nicht den Beschränkungen eines Dracula unterlegen und sie entwickeln sich weiter. Sie verfügen nicht sofort über alle Möglichkeiten, sondern erlernen vieles durch den Alterungsprozess, so wie die normalen Menschen auch. Ebenfalls sind die Charaktere der einzelnen Vampirwesen nicht so einfach gestrickt wie der eines Dracula. Der Fürst der Vampire unterlag der Angst vor dem Glauben und dessen Abbildern, doch diese Vampire hier habe es mit Ängsten vor ganz normalen Dingen zu tun. Sie müssen Menschen töten um zu überleben, doch fürchten sie sich stets davor ihre Fähigkeit zu verlieren wie ein Mensch unter Menschen zu leben.

So schwülstig wie der erste Schauplatz der Geschichte, so ist auch deren restlicher Verlauf. Wer hier mit actionreichen Momenten rechnet in denen Vampire in Straßenschluchten durch die Jahrhunderte gejagt werden und sich stets ihrer Haut mordend erwehren müssen, der wird hier nicht fündig werden. Hier geht es um das Seelenleben eines Menschen der zum Vampir transformiert wurde und sich nun der Verkümmerung und trotzdem Weiterentwicklung des selben stellen muss. Louis Charakter bleibt zerrissen, denn die Befriedigung welche er nach der Transformation empfand ist nicht von Dauer. Lestat ist von Hass auf die Welt beseelt und Claudia ein getriebener Charakter der sich vielen emotionalen Süchten hingibt.

So muss man dann auch viel Zeit und Muße mitbringen wenn man sich diese Geschichte anhören möchte denn so flüssig wie in einer trivialeren Erzählung geht es hier nicht von statten.

David Nathan liest wie gewohnt souverän die Geschichte vor, doch dabei bleibt es auch. Sicherlich belebt er die bewegenderen Momente und versucht die Figuren so lebensnah wie möglich erstehen zu lassen, doch spielt er nicht mit ihnen und überlässt die weitere Auslebung der Figuren dem Zuhörer und dessen Fantasie.

Ein Sittengemälde einer anderen Kultur das nicht durch Spannung und Grusel überzeugen kann sondern durch tief gehende Charakterstudien und Einblicke in die Variation eines Nachtwesen…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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