Jack Perdu und das Reich der Schatten

Jack-Perdu

Im Grand Central Terminal lernt der 14jährige Jack das Mädchen Euri kennen. Sie fasziniert ihn, obwohl irgendetwas mit ihr nicht zu stimmen scheint. Tiefer und tiefer führt sie ihn in die New Yorker Unterwelt. Ein ungeheuerlicher Ort, denn hier wohnen Seelen zwischen Leben und Tod. Jack hat die Chance, seine verstorbene Mutter wiederzusehen – allerdings nur drei Nächte dafür Zeit, ansonsten bleibt ihm der Rückweg für immer versperrt.

Sprecher: Sascha Icks

4 CD, Spielzeit: 255 Minuten

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Als man Jack Perdu kennen lernt ist er gerade in die „Metamorphosen“ des altgriechischen Dichters Ovid vertieft. Er übersetzt die Originaltexte und besonders hat es ihm hierbei die Sage um „Orpheus und Eurydike“ angetan. Darin geht Orpheus in die Unterwelt um die Seele seiner geliebten Eurydike wieder zu den Lebenden zurück zu bringen. Jack würde dies auch gerne tun, da seine Mutter bei einem tragischen Unfall in New York ums Leben kam.

Jack ist erst vierzehn Jahre alt und so denkt man sich anfangs das es sich hierbei nicht um die gewöhnliche Fantasy für ein jüngeres Publikum handeln kann. Welcher Vierzehnjährige bewältigt schon freiwillig die „Metamorphosen“ und dazu noch im Original? Doch ist das Buch nur der Aufhänger für den weiteren Verlauf der Geschichte und es wird nicht ganz so erwachsen wie es den Anschein erwecken mag.

Wer sich ein wenig in der altgriechischen Sagenwelt auskennt wird hier eine Menge Aha-Momente erleben und nach kurzer Zeit schon wissen worauf es hinaus laufen wird. Die Namen – oder zumindest ihre Abwandlungen -, Personen und Orte sind Abbilder von Gestalten der Sagen und wurden einfach nur in die heutige Zeit transportiert und für die Gegebenheiten von New York übertragen und modernisiert. Wer sich nicht auskennt, bekommt aber auch nach recht kurzer Zeit die notwendigen Erklärungen geboten derer es bedarf um weitere Schlüsse ziehen zu können.

Die sehr temporeiche Geschichte bietet die Neuinterpretation eines Klassiker und bereitet ihn für die heutige Jugend interessant genug auf um auch Erwachsene anzusprechen und zu unterhalten. Die Unterwelt und ihre Bewohner werden sehr eindrucksvoll geschildert und auch Jacks Kampf gegen die Selbstaufgabe ist sehr gelungen dargestellt. Doch ist dies nicht durchgehend ernst und dramatisch, ein paar lustigere Momente gibt es auch – besonders wenn die Auswirkungen des nebeneinander von Lebenden und Toten zum tragen kommen.

Sascha Icks beherrscht diese Lesung in vollen Zügen. Sie spielt die Charaktere so unterschiedlich aus, das man keine Probleme bei der Trennung in einer Unterhaltung hat. Sie versteht die ruhigen Momente genau so intensiv zu betonen wie die in denen Jack Abenteuer und Spannung ausgesetzt wird. Ihre klare und sehr wandelbare Stimmlage ist ein Garant dafür das man ihr gerne über die Spielzeit der vier CDs hinweg auf dem Weg in die Unterwelt New Yorks folgt.

Ob es jetzt „Urban Fantasy“ ist oder sich eher um klassischen „Grusel“ handelt kann ich nicht so genau sagen. So recht lässt sich die Geschichte nicht schubladisieren. Doch unterhalten kann sie und das auch mit recht hohem Anspruch. Wer „Orhpeus und Eurydike“ kennt wird noch mehr Spaß bei hören haben, wer nicht, dem wird auf die Sprünge geholfen…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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