Hinter dem grotesk bandagierten Gesicht und der dunklen Brille des unheimlichen Fremden, der da im Gasthof eines englischen Dorfes absteigt, verbirgt sich ein schwarzes Nichts. Selbst sehen, ohne gesehen zu werden – das bedeutet Macht über andere. Der Chemiker Griffin hat diesen Menschheitstraum verwirklicht. Doch alles hat seinen Preis: Gnadenlose Einsamkeit und hemmungslose Destruktivität sind die Folge. Die Angst geht um.
Sprecher: Bodo Primus
Bearbeitete Fassung, 3 CD, Spielzeit: 236 Minuten
Wer die Filme zum Unsichtbaren kennt, der wird hier zuerst etwas verwundert drein hören. Die Filmhandlungen wurden allesamt, soweit mir das bekannt ist, in die jeweiligen Zeiten verfrachtet und die Handlung aktualisiert. Hier bekommt man jedoch eine Lesung des Originalstoffes von 1897 geboten.
Der Wissenschaftler Griffin hat einen alten Menschheitstraum Wirklichkeit werden lassen können. Er fand eine Rezeptur welche es ihm ermöglicht unsichtbar zu werden. Doch ist der Zustand permanent und da die Rezeptur des Tranks verbrannte nicht mehr rückgängig zu machen. Er bemerkt schnell das die Unsichtbarkeit keineswegs ein wirklich erstrebenswerter Zustand ist und seine sozialen Kontaktmöglichkeiten vollkommen aussetzen. Jede Kommunikation mit der Umwelt ist fast vollkommen unmöglich geworden, da er bandagiert und vermummt zwischen den Menschen umher gehen muss um nicht sofort Panik und Entsetzen auszulösen. Als seine finanziellen Mittel immer versiegen, und seine Forschungen keine Ergebnisse bringen welche ihn wieder sichtbar machen könnten, muss er zum Dieb werden und letzten Endes sogar zum Mörder. Seine geistige Verfassung verschlechtert sich zusehends und so beschließt er aus seine Not eine Tugend zu machen: Er plant die Errichtung einer Schreckensherrschaft.
In der Zeit des Jahres 1897 wirkte die ganze Geschichte sicher wesentlich bedrohlicher und unheimlicher als sie es heute zu tun vermag. Doch bringt die Inszenierung, auf die ich später noch näher eingehen möchte, ein paar Pluspunkte für die Lesung.
Die Geschichte wir von einem nicht näher benannten Erzähler an den Zuhörer gebracht der sie diesem direkt erzählt. Er soll wie ein Autor wirken welcher hinterher die Ereignisse aus Erzählungen und Berichten zusammengefügt und so ein Bild der Geschehnisse erschaffen hat. Die Charaktere bleiben recht blass und sind auf das wesentliche reduziert. Selbst der Unsichtbare fechtet nicht die tiefenpsychologischen Kämpfe aus welcher in späteren Verfilmungen zumeist im Mittelpunkt standen. Auch sollte man nicht allzu wissenschaftlich an die Umsetzung der Unsichtbarkeit heran gehen. Dinge wie der Umstand das ein Unsichtbare blind wäre da kein Licht auf die Augäpfel fallen kann, usw. werden völlig außer acht gelassen und so ist alle eher eine Melange aus Erfindungen welche aber gut aufeinander Abgestimmt sind.
So altbacken die Geschichte für jemanden der heutigen Zeit, welcher den ersten Kontakt mit ihr bekommt, auch wirken mag, so wirkungsvoll weiß ihn doch die Inszenierung zu begleiten. Hatte ich von Bodo Primus ohnehin nichts anderes als eine sauber betonte und flüssige Lesung erwartet, so setzte er noch eines drauf: er spielt. Neben dem Erzählerpart gibt er jeder einzelnen Figur ein eigenständiges stimmliches Gesicht. Sei es nun das zänkische Gezetere der Hauswirtin, den barschen Umgangston des Unsichtbaren oder die Eigenarten der anderen Figuren, jede bekommt ein eigene Tonlage, Sprachweise und sogar einen unterschiedlichen Akzent, wobei er auch nicht vor einem masurisch klingenden Pfarrer zurück schreckt, verpasst.
So wirkt alles bereits dadurch recht lebendig und die Soundeffekte tun noch ein zusätzliches um den Eindruck zu verstärken. Sämtliche wichtigen Geräusche werden unterlegt und in vielen Szene ist auch Musik zu hören. So greift ein Hund an, Dinge poltern zu Boden, Türen werden zu geschlagen und Außenatmosphäre wird eingespielt.
Trotz des nicht mehr so ganz frischen Stoffe kann die Inszenierung alles wieder raus reißen und über de komplette Länge düster und streckenweise sogar gruselig unterhalten…
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