Der Westen. Irgendwann gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Um den Schatten seiner Vergangenheit zu entkommen, verlässt der trinksüchtige Ex-Marshall Nathan Holt seine alte Heimatstadt White Falls, um in dem Goldgräberkaff Bollock ein neues Leben anzufangen. Doch nicht nur, dass ihm der hiesige Marshall Wallace mit offenem Argwohn begegnet, so treibt auch noch ein bestialischer Killer sein Unwesen in der Gegend. Gemeinsam mit Wallace´ Tochter Amber nimmt Holt die blutige Spur des Mörders auf, ohne zu merken, dass er selbst ein Teil des bösen Spiels ist.
Iiiiii was booorn, under a wandrin´ Staaaar… *sehr frei nach Lee Marvin*
Und so trotte ich denn gemächlich mit meinem Maultier Grete hinter den Rennpferden her, welche schneller mit ihren Meinungen aus der Hüfte schossen, als ein Oldtimer wie ich es vermag.
Die blutigen Fährten des Ohrenkneifers sind ein Western sind ein Thriller sind kein Western sind kein Thriller usw. usw. usw..
Wer sich schon einmal mit den Geschichten des Autors Franjo Franjkovic beschäftigt hat, der weiß das es schwer ist die Handlungen immer stets komplett nur in eine Schublade zu stecken. Jedes Gerne, welches er anrührt, bekommt zusätzlich noch einen Twist verpasst, um es interessant zu machen und vom allgemeinen Brei der Normalverkostung abzuheben.
Und genau das ist es, was die Story von „Blutige Fährten“ hörenswert macht, denn die Geschichte wird erst interessant als der erste Mord ins Spiel kommt und damit die gewohnte Western-Routine durchbricht, welche man anfangs geboten bekommt. Wäre dies nicht der Fall, so wäre das alles wohl eher in der Klasse eines Karl „Lügenbold“ May, denn wirklich zeitgemäß und unterhaltend.
Die Sprecher sind, bis auf zwei Ausnahmen, alles unverbrauchte Stimmen, welche sich fast alle gut in ihre Rollen schmeicheln. Der Hauptdarsteller des Ganzen, der abgetakelte Ex-Marshall Nate Holt (hallo Stereotypengefahr), wird von Ohrenkneifer Marc Schülert höchstpersönlich verkörpert. Seine leicht raue und hier recht abgetakelt klingende Stimmlage, passt zum Protagonisten wie der berühmte Deckel auf den Topf. Die Spielpassagen meistert er mit Bravour, lässt jedoch in den Erzählparts ein wenig in Geschwindigkeit und Intensität nach. Ein schnellerer Erzählton wäre aber gerade in den actionreicheren Passagen besser gewesen, als die Nutzung jedes Kommas zur künstlerischen Pause.
Die weibliche Hauptrolle – die Tocher des amtierenden Marshalls des Goldgräberkaffs – hat zwar eine große Tragweite und ist charakterlich auch interessant angelegt, wird jedoch von Christiane Marx fast vollständig kraftlos, unbeteiligt und in einem Tonfall interpretiert, als würde der Charakter dauerhaft kurz vor dem Weinkrampf stehen. Diese akustisch verwässerten Augen wollen aber so gar nicht zu den Aktionen der Figur passen. Auch wenn alles perfekt betont und gespielt ist, so passt die Stimme nicht und verzerrt das Bild des Charakters.
Der Rest der Sprecher erledigt seine Arbeit perfekt und hier sind es wirklich einmal die Vollprofis – namentlich Detlef Bierstedt als ewig nervig-aggressiver Marshall und Santiago „Spongebob“ Ziesmer – welche das Gesamtbild eher stören, statt es positiv aufzuwerten. Irgendwie wollen die beiden nicht ins Bild der anderen Sprecher passen, denn sie sind mittlerweile einfach zu bekannt und werden zu oft besetzt. Hier wären unverbrauchtere Stimmen die bessere Wahl gewesen.
Musik und Soundkulisse sind einfach nur genial und vermitteln das Westernfeeling für einen Nichtwestern mit ausnahmsloser Gnadenlosigkeit. Im zweiten Hördurchgang machte ich mir den Spaß einmal die ganzen Geräuschuntermalungen zu sezieren und war überrascht wie vielfältig und intensiv diese ausfallen – so etwas bietet nicht mal Titania Medien.
Das „Weiter geht es auf CD 2“ fand ich jedoch genau so überflüssig wie ich das Cover fürchterlich finde. Zum einen ist mir schon klar das es auf der zweiten CD weiter geht, denn ich habe sie ja beim digitalisieren des Hörspiels für mein Tablet selbst in der Hand gehabt und zum anderen bin ich froh darüber, das die Qualität eines Cover die des Hörspiels nicht im geringsten vermittelt, auch wenn es der erste Feindkontakt ist, welchen das Hörspiel im Ladenregal ertragen muss. Die Lesbarkeit des Textes ist teilweise nicht gegeben und die Zeichnungen wirken wie bis zur Unkenntlichkeit bearbeiteten Freewarebilder eines Hobbybleistiftmalers. Doch, wie bereits erwähnt, macht das Cover hier gottseidank keinen Sommer.
„Blutige Fährten“ erweist sich als ein Western der nicht der typische Genrevertreter ist und dem man die Chance der ersten Tracks einräumen muss um sich in die Gefilde der Geschichte bewegen zu können, welche sich als franjkovskische Suchtfaktoren entpuppen und die Ohren am Kopfhörer festkleben lassen.
Spannung, Action und ein wenig Zeitgeist bestimmen die 110 Minuten Spielzeit und verschaffen dem durch Alltagsprobleme geplagten Geist eine erholende Reise in alte Zeiten, welche nicht besser waren als die Gegenwart, aber immerhin in Verklärung gut zur ablenkenden Unterhaltung verwertbar sind.
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