20.000 Meilen unter den Meeren: Die Geschichte von Kapitän Nemo, einen Menschen rätselhafter Herkunft, einen kultivierten Wissenschaftler und Ingenieur, der mit einer kleinen Schar Getreuer auf einer abenteuerlichen Reise in seinem Riesen-U-Boot »Nautilus« die Weltmeere unterquert, gehört zu den immer wieder zitierten Meisterwerken von Jules Verne.
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde: Professor Lidenbrock, kauziger Experte in Sachen Steine und Mineralien, findet in einem alten isländischen Buch eine Wegbeschreibung ins Erdinnere. Mit seinem Neffen Axel steigt er durch einen Vulkankrater hinab und entdeckt eine atemberaubende unterirdische Welt voll faszinierender Landschaften und Lebewesen.
In 80 Tagen um die Welt: Der chaotische Erfinder Phileas Fogg lässt sich auf eine verrückte Wette ein: Er will die Erde in 80 Tagen umrunden. Ein wahnwitziges Unternehmen in Zeiten ohne Auto und Flugzeug. Zum Glück hat der schusselige Forscher seinen Diener Passepartout an seiner Seite. Der hat zwar Dreck am Stecken, aber mindestens genauso gute Ideen wie sein Herr…
Die drei wohl bekanntesten, und für mich auch interessantesten, Geschichten des Urvaters der Abenteuer-Geschichten, wurden hier zu einer Box zusammen gefasst. Alle 3 Hörsiele entstammen dem neuen Jahrtausend, wobei die „Reise“ und die „80 Tage“ im Jahr 2005 produziert wurden und die Reise Nemos aus dem Jahre 2003 ist.
So unterschiedlich die die Protagonisten der drei Geschichten, so unterschiedlich ist auch deren Inszenierung. Zuerst die Reise zu Mittelpunkt der Erde. Die Geschichte um ein altes Manuskript das den hamburgischen Professor Lidenbrock nicht mehr los lässt und ihn mit seinem Neffen Axel auf die Reise jagt, ist nicht ganz so mysteriös wie sie teilweise verfilmt und vertont wurde. Die Geschichte an sich ist streckenweise recht behäbig und ein zusammenstreichen diverser Reisererzählpassagen ist stets angeraten. Als Regisseur hatte man sich damals Leonhard Koppelmann ausersehen. Koppelmann gehört nicht gerade zu meine Lieblingsregisseuren, da er mir zu wenig Unterhaltung in der Kunst und zu viel Kunst in der Unterhaltung bietet – auch wenn beides nicht wirklich im Stoff selbst miteinander vereinbar ist. Um so größer war meine Überraschung wie flüssig doch hier alles lief.
Dies mag auch durch den Umstand getragen worden sein das es sich bei der Grundlage des Manuskript um die erste deutsche Übersetzung handelt, welche noch anonym getätigt wurde, wann auch immer. Auch mit teilweise sehr archaisch wirkenden Ausdrücken wie „siebenzig“ für „siebzig“ usw., kommt die ganze Inszenierung gut flüssig über die Runden. Auch wenn die Entschlüsselung des Manuskripts durch Lidenbrock und Axel eine Meisterleistung an Nervenerprobung des Hörers darstellt – bedingt durch mehrere verzerrte Überlagerungen des selben Textes.
Vom Tempo her geschieht alles wie erwartet. Keine unnatürlich großen Reißermomente erheben sich aus der Geschichte und die spannenden Sequenzen der Erdinnenbesteigung sid so wie es sich erhofft – nicht zu viel Effektpathos, aber auch keine Herrunterrechnung auf Radiohörspielspartanerie.
Wenige Sprecher bedarf es der ganze Sache ebenfalls. Mit sieben Stimmen ist die ganze Belegschaft schon ausgereizt. Lidenbrock selbst wird von Wolf-Dietrich Sprenger als herrlich verschrobenen Zausel mit leichtem Wahn zum Perfektionismus, interpretiert. Auch wenn das fast zahnlos erscheinende Gezeter hie und da etwas zu dick aufgetragen ist, so bringt es doch ein klares Bild von der Furie des Wissen, welche damals sicher fast in jedem Wissenschaftler anzutreffen gewesen sein mag. Florian Lukas, als Axel, versteht die jugendliche Leichtigkeit, und das minimale Rebellentum gegen die festen Werte der Zeit, recht keck und mit teilweise unterschwelligem Sarkasmus akustisch zu verpacken. Neben ihnen, welche die Hauptszenereien meisterhaft dominieren, sind Bjarne Hendricksen – als Hans, die wohl undankbarste Rolle des ganzen Stücks, Uwe Friedrichsen – als Professor Hendricksen, Anna Maria Mühe, Klaus Manchen und Manuel Lai zu hören.
Freude des hektischen Abenteuers werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. Freude der spartansichen Radioinszenierung mit zwanghaft aufgesetztem Kunstanspruch jedoch auch nicht. Kopplemann beweist hier das er für solche Stoffe ein Händchen zu haben scheint, auch wenn er mir mit aktuelleren Geschichten bisher nicht wirklich die Orhnerven hat kitzeln können.
Die nächste Geschichte führt uns unter Wasser, genauer in 20.000 Meilen Tiefe hinab. Hier durfte sich Regieurgestein Walter Adler der Geschichte von Professor Aronnax und seiner Nemesis Kapitän Nemo annehmen. Ebenfalls oft vertont und verfilmt, so nimmt sich Adler hier die eher depressiven Teile der Psychosen der Hauptakteure zur Brust und breitet sie in voller Gänze vor dem Hörer aus.
Drei der Sprecher beherrschen diese dunkle Kunst der depressiven Stimmakrobatik wie aus dem effeff. Zum eine ist hier Gottfried John am Werk, dessen Stimmlage des öfteren bricht und auch mehr als verletzlich wirken kann, ohne an Dominanz zu verlieren: er ist als leicht unterschwellig cholerischer Aronnax perfekt besetzt und erschafft sein eigene Interpretation dieser Figur, welche in das dunkle Grundbild der Inszenierung passt. Ernst Jacobi, ein Meister der leisen Töne, schafft es gerade durch das Nichterzeugen der bedrohlichen Charakteristika „Nemos“den Kapitän gerade so gefährlich wie nur denkbar hinzustellen. Genie und Wahnsinn paaren sich hier akustisch in Reinkultur und ringen in Jacobis Stimme mehrfach um die Oberhand. Herman Lause, als Ned Land, ist nicht wirklich in der richtigen Rolle angekommen, doch kann er mit viel – wenn auch versucht unterdrücktem Akzent – den Seemann lebendig werden lassen. Der Rest besteht aus Peter Gavajada, Hans Jürgen Hürrig und Götz Schulte – sowie vielen anderen.
Gerade diese Geschichte hätte man bis zum Ende mit Bombast und triefendem Pathos aufbauschen können, doch Walter Adler reduziert hier alles mehr auf die emotionalen und psychologischen Momente der Unterwasserfahrt und deren Auswirkungen auf die Leben der Beteiligten. Die Seefahrt ist njcht lustig, die Seefahrt ist nicht schön und man sollte vom Hinterkopfbild eines singenden Kirk Douglas, welche von einem Seehund geküsst wird, schnellstens eine Verabschiedung vornehmen. Düster, dunkel und kalustrophobisch bedrückend kommt diese Vertonung daher und alles speilt dort mit hinein – Musik, Effekte, Sprecher.
Nun zum Mauerblümchen in dieser Box. Die Charaktere dieser Geschichte weisen nicht von der machistischen Lebensweise der anderen Protagonisten auf und versnobben sich eher in Diskussionen als das sie tiefere Einblicke in ihren Charakter erlauben. Auch wenn das Hörspiel mit weit über 30 Sprechern sehr aufwendig besetzt ist, so ist es doch eher „nett“ als das es mich wirklich berührt hätte.
Zugegeben: Axel Milberg kann arrogant, doch irgendwie ist er mir als Fogg eher ein Nebelchen und blebt hinter der erwartete Spielfreude weit zurück. Auch Namen wie Peter Fricke, Boris Aljinovic, Peter Groeger, Wolfgang Pampel, Walter Nicklaus, Jürgen Thormann, Martin Semmelrogge und Hans-Joachim Hegewald sind hier kein wirklicher Garant für gut Unterhaltung.
Selbst die Originalaufnahmen aus Indien wirken eher wie im Studio künstlich erzeugt, doch will ich die Orginalität nicht abstreiten, denn ich habe das Land des „Vande Mataram“ bisher noch nicht bereisen können. Nichtsdestotrotz entwickelt sich die Geschichte zäh, blass und nicht der Vorlage im entferntesten Respekt zollend.U d so sei denn auch genug auf dem kleinsten Drilling dieser Auflage herum gedroschen.
6 CD, von denen 4 gute Abenteuer mit skurrilen Charakteren in netter Umgebung und guter Inszenierung verspreche und auch halten. Nur die „80 tage“ machen die Ausnahmen, welche hier jedoch nicht die Regel bestätigt…
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