zweite Königreich, Das

zweite-KoenigreichEngland 1064, eine Zeit blutiger Auseinandersetzungen zwischen England und der Normandie: Nach der Schlacht von Hastings und Williams Krönung gerät der junge Cædmon of Helmsby in eine Schlüsselposition, die er niemals wollte: Er wird zum Mittler zwischen Eroberern und Besiegten. Bis zu dem Tag, an dem William erfährt, wer die normannische Dame ist, die Cædmon liebt.

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Bei einem Jagdausritt wird Cædmon of Helmsby von einem marodierenden Wikingerschiff aus mit einem Pfeil angeschossen. Er überlebt den Angriff, doch sein linkes Bein ist seitdem taub und nicht mehr richtig einsetzbar. So geschieht es das Harold Godwinson, Oberhaupt einer der mächtigsten Familien Englands, eines Tages auf Helmsby eintrifft und Cædmons Vater um eine Gefälligkeit bittet. Harold Godwinson ist im Auftrag des Königs unterwegs und muss in die Normandie reisen. Da er jedoch die französische Sprache nicht komplett versteht und auch in den Gebräuchen nicht sonderlich gut unterrichtet ist, benötigt er einen unauffälligen Helfer. Da Cædmons Mutter eine Normannin ist und er auch die Sprache und Gebräuche der Normannen kennt, schickt sei Vater ihn mit auf die Reise.

Doch das Schiff treibt ab und erleidet Schiffbruch. Cædmon wird zusammen mit vierzehn anderen Überlebenden gefangen genommen und soll unter Zahlung von Lösegeld an Herzog William übergeben werden, dem Harold Godwinson die Botschaft des Königs überbringen sollte. Cædmon of Helmsby gelingt die Flucht aus der Gefangenschaft und er kann sich zu Herzog William durchschlagen. Nachdem Harold Godwinson auf freien Fuß gesetzt wurde ordnet Herzog William an das Cædmon in Rouen zum Ritter ausgebildet werden soll, was ihm nicht behagt. Cædmon of Helmsby ahnt noch nicht welches Abenteuer ihn erwartet und in welche Gefahren er geraten soll.

Das Hörspiel hält sich nicht mit langem Vorgeplänkel, oder dem auswalzen einer ausführlichen Vorgeschichte, auf und steigt direkt voll in die Handlung ein. Die Hauptcharaktere werden dem Zuhörer näher gebracht während die Geschichte mit recht schnellem Tempo voran schreitet. Während Cædmon immer tiefer in die Ränkeschmiede der damaligen Regierungspolitik hinein gezogen wird, ohne es zu wollen, wird die Geschichte der Familie Helmsby und deren Mitglieder immer mehr mit dem Wohl und Weh der sich bekriegenden Länder verknüpft. Ruhepausen werden dem Zuhörer kaum geboten, stets geht es um irgendetwas das später einmal wichtig sein kann und das die volle Aufmerksamkeit beim zuhören verlangt.

Richtig spannende Momente, in denen die handelnden Figuren etwas wirklich unerwartetes tun gibt es kaum denn die Charaktere sind recht einfach, der damaligen Zeit entsprechend, angelegt. Die Triebfedern der Protagonisten sind Macht, Liebe, Ehre und Stolz – und so geschehen die Dinge und Reaktionen zumeist nicht irreal und unlogisch, was die ganze Geschichte und die Hauptcharaktere noch etwas glaubhafter darstellt. Das Hörspiel ist in 6 einzelne Kapitel und Abschnitte unterteilt und ermöglicht dem Zuhörer so immer wieder einen guten Einstieg in die Geschichte.

Akustisch wird hier reiner Bombast geboten und das nicht nur bei den Sprechern. Die Sprechliste ist sehr umfangreich und ich muss gestehen das mir fast 2/3 der Namen vollkommen unbekannt waren. Jeder belebt seine Figur stimmlich so wie ich sie mir im Verlauf der Geschichte auch vorgestellt habe und die Hauptfiguren sind mit wahren Hochkarätern besetzt worden. Volker Lechtenbrink gibt den Erzähler sehr eindringlich ohne dabei jedoch den Abstand zur Geschichte zu verlieren und wie eine agierende Person zu wirken. Seine sehr sonore Stimme begleitet den Zuhörer sehr angenehm durch die Geschichte und die teilweise recht langen Passagen, die er zu bewältigen hat, fallen nicht als störend auf.

Matthias Koberlin, als Cædmon, versteht es geschickt den zuerst ängstlichen Jungen darzustellen der im Laufe der Geschichte auch stimmlich zum Mann heran reift. Udo Schenk und Thomas Balou Martin sind nicht nur akustisch so unterschiedlich wie die Charaktere die sie verkörpern. Martin den englische Herzog Harold Godwinson und Schenk den Normannen William „Der Bastard“. Sie beleben die beiden Kontrahenten auch so das man ihnen die Feindschaft anhören kann und sie schon fast zu spüren ist. Hier nun ein unnötiges Calling Names zu veranstalten wäre jetzt viel zu umfangreich, da es sich um weit über 40 Sprecher und noch mehr Rollen handelt. Und ich konnte nicht einen Ausrutscher bemerken oder eine Rolle die ich dem Darstellende nicht abgekauft hätte.

Der Klangteppich der Geräuschuntermalung ist so dicht gewebt das sich nicht eine einzige tote Hörminute ergibt. Ständig zwitschern Vögel, rascheln Gewänder oder machen sich andere Sounds bemerkbar die das Mittelalter dieses Hörspiels akustisch beleben. In einer Szene kann man sogar die kleineren Hunde, welche sich unter einem Tisch um einen Knochen zu streiten scheinen, am Knurren erkennen und als kleinen Hunde einstufen. Donnergrollen oder Kirchenhall, Waldgeräusche und Waffenklirren, Meereswellen und vieles andere mehr – all das bekommt man so üppig geboten das man die ganze Szenerie vor dem inneren Auge entstehen und an sich vorbei bewegen sehen kann. Die Musikuntermalung ist durchaus als modern zu bezeichnen, bedient sich aber stets klassischer, mittelalterlich anmutender, Elemente. Sie variiert vom leichten Minnegesang bis hin zum orchestralen Bombastgemälde – facettenreich und sich niemals merklich wiederholend

Das umfangreiche Booklet kann mit einem Interview mit Rebecca Gablé, Produktionsnotizen, vielen Vitas der Sprecher und ein paar Grafiken aufwarten, welche das Gesamtbild der Produktion noch mehr abrunden.

Hier ersteht das Mittelalter wieder auf. Ob es so war kann ich nicht sagen, aber es könnte so gewesen sein. Unterhaltsam ist es allemal und die Länge von 340 Minuten fällt zu keiner Zeit auch nur im geringsten ins Gewicht…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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