01 – Zwei Minuten

Aerial view of city of London from the London EyeEin Agent des SIS infi ltriert in Russland ein verstecktes Labor und wird Zeuge eines abscheulichen Menschen-Experiments. Eine junge Frau wird in ihrer Wohnung von unheimlichen Geräuschen gepeinigt. Eine Journalistin wird vor einer Vergeltung an der englischen Regierung gewarnt. Ereignisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Doch sind sie die Vorboten für eine Bedrohung, die die zivilisierte Welt ins Verderben stürzen kann. Je tiefer die Beteiligten in diesen unheilvollen Strudel gezogen werden, desto mehr fürchten sie sich vor der Aufl ösung des Rätsels

Trennstrich„ACHTUNG! Diese Produktion beinhaltet extreme Schreck-Effekte. Wir raten dringend davon ab, dieses Hörspiel im Auto zu hören oder die Lautstärkeeinstellungen an Ihrer Abspielanlage nachträglich zu verändern.“

Diese „Warnung“ ist nicht nur im Booklet der ersten Folge der neuen Hörspielserie von Oliver Döring zu lesen, „Erzähler“ Joachim Kerzel warnt den Zuhörer auch akustisch vor Beginn des Hörspiels. So eindringlich die Warnung auch sein mag, eine Berechtigung hat sie nicht. Hatte man bei Dörings „Sinclair“ oft das Gefühl nun wegen einer Nichtigkeit durch überlaute Effekte in die Senkrechte geschickt zu werden, so ist dies hier erfreulicherweise nicht der Fall. Die Ära nach „John Sinclair“ startet für Oliver Döring und Alex Stelkens mit einem Knall, auch wenn dieser akustisch im Hörspiel nicht eingesetzt wird.

Die Geschichte befasst sich auf drei Handlungsebenen mit fünf Handlungssträngen, von denen Vier während der Spielzeit zusammen gewoben werden. Zum einen ist da eine Spezialeinheit des britischen „SIS“ und eine Reporterin = Handlungsstrang Weltuntergang. Zum anderen die Geschichte eines Polizisten, dessen Frau mental erkrankt ist und die einer jungen Frau, welche scheinbar an Halluzinationen leidet = Handlungsstrang mentale Beeinflussung. Zusätzlich wäre da noch eine Geschichte, welche zu Beginn des Hörspiel angerissen wird, sich aber während der ersten Minuten der Geschichte bereits wieder verliert = Handlungsstrang Rette die Welt.

Irgendwie scheint dies alles ineinander zu greifen, ohne das man einen deutlichen roten Faden erkennen könnte. Auch hatte ich am Ende des Hörspiel das Gefühl, die Geschichte sei nun beendet – mit ein paar offenen Fragen zwar, aber irgendwie beendet. Sollte man dies nun alles, typisch deutsch, in eine Kategorie pressen müssen, so würde mir Mystery in den Sinn kommen. Für einen reinen Thriller war mir zu viel Wisenschaft und scheinbar Übernatürliches im Spiel, für eine Horrorstory jedoch zu wenig unerklärliches, was nicht mit einer guten Halluzination abgetan werden könnte.

Die Inszenierung an sich ist reinstes Hollywood-Kopfkino in akustischem 3D, wie man es von Oliver Döring gewohnt ist. Doch sind die Übergänge der einzelnen Handlungsebenen nicht mehr so gefällig wie noch zu sinclairschen Zeiten. Man sollte schon zu 100% bei der Sache sein, um den Schnitten folgen zu können, denn scheinbare Ähnlichkeiten des aktuellen Geschehens werden gerne zur Verwirrung genutzt. Der Übergang scheint fließend zu sein, doch kommt man nicht in der Szene heraus in der man sich eben noch befunden hat. Perfekte Desorientierung des Zuhörers mit hohem Unterhaltungsfaktor.

Die Sprecher sind alle (nicht nur) aus früheren Arbeiten Dörings bekannt und man scheint hier der Devise „Never change a winning Team“ gefolgt zu sein. Zwar ist es erfrischen keinen Frank Glaubrecht zu hören, doch 95% der anwesenden Stimmen ist man schon in Begleitung des Geisterjägers begegnet.

Das Joachim Kerzel ein „Erzähler“ sein soll, ist wohl eher eine Art von Insidergag, denn neben der warnung und einer kurzen Ansage hat er nichts zu tun. Das Hörspiel kommt komplett ohne einen Erzähler aus und wenn wirklich Not am Mann ist, so wird (einmal) von einer agierenden Person das Geschehen kommentiert. Dies nimmt zwar schon den Ausgang der Szene vorweg, doch wäre mir auch keine elegantere Lösung des Erzählproblems eingefallen.

Kommen wir nun zum unvermeidlichen Calling Names des Hörspiels. Torsten Michaelis – als bärbeißiger SIS-Agent, Joachim Tennstedt – als verzweifelter Polizist der auf zwei Ebenen gleichzeitig kämpfen muss, Katrin Fröhlich – als neuzeitliche „Lois Lane“, Dietmar Wunder – als transsexuelle Unterweltgestalt und viele andere Sprecher mehr, beleben das Geschehen mit Bravour – so wie man es nicht anders erwartet hat. Zwar wurde hier keine Rolle akustisch gegen den Strich gebürstet, doch die „Nummer Sicher“ hat sich zu 1000% ausgezahlt.

Zuviel möchte ich nicht von der Story verraten, doch scheint mir hier eine Fortsetzung fast schon so gut wie sicher zu sein. Die Produktion ist kurzweilig, weicht in angenehmster Art und Weise von den JS-Produktionen Dörings ab und kann problemlos Qualitativ mit seinen Arbeiten an „Star Wars“ und „Don Harris“ verglichen werden. Eine ältere und gereiftere Produktion.

Sollte keine Fortsetzung folgen, so würde „End of Time 01“ als perfekt inszeniertes Solohörspiel eben falls einen Top 100 Platz verbuchen. Mit Fortsetzung ist nicht abzusehen in welche qualitativen Höhen Oliver Döring sich noch bewegen wird…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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