71 – Der Mann, der nicht sterben konnte

71Russland, 1908: Die Region Tunguska wird von einer gewaltigen Explosion erschüttert. War es ein außerirdischer Meteorit? War es eine unbekannte Waffe? Was auch immer es war, es hatte Auswirkungen auf die Anwohner der Region! Denn heute, über 100 Jahre später, reist einer von ihnen nach London und sinnt auf Rache…

TrennstrichAuch wenn Tunguska, die Ereignisse darum und das was der Meteoritenabsturz nicht alles ausgelöst haben könnte, stets wieder für neuen Diskussionsstoff in der „I want to believe“-Community sorgt, so ist die Wahl der Geschichte um den „Mann der nicht sterben konnte“ wohl die schlechteste, welche man zum Einstieg des neuen Produktionsteams hätte treffen können.

Sicher ist „Fjodor Rankin“ ein übernatürliches Wesen und mit Macht gesegnet die Normalsterbliche nicht vorweisen können, doch ist die Geschichte um ihn herum nicht mehr als ein stinknormaler Kriminalfall in den degenerierten Adelskreisen des britischen Empires.

So macht es auch nicht wundern, wenn sofort nach dem Einstieg des Bösewichts Evelyn Gressmann als Horror-Oma „Lady Sarah Goodwyn“ den guten John davon zu überzeugen versucht das er die verlorene Liebe seines Lebens – Jane Collins, welche nun einer Hexe geworden ist da der gute John seinen kleinen Sinclair bei einer gewissen Nadine Berger nicht im Zaum hatte – eventuell eines Tages wieder auf die gute Seite wird bringen können.

Während John, wohl ob des nicht endenden Wortstromes, verzweifelt versucht sich ins Koma zu alkoholisieren bekommt Regievorgänger Oliver Döring eine Hommage verpasst und es explodiert gar mächtig. Ob sich der Schrecken hier im Zaume hält weil man es gewohnt ist ohne Grusel auszukommen, aber dafür umso mehr Explosionen und Basssounds in die Ohren gehauen zu bekommen, oder ob es am weniger lauten Knall und einem besseren Timing der Regie liegt, kann ich noch nicht beurteilen.

Insgesamt wirkt alles wesentlich ruhiger und ein wenig bedachter, als bei den Vorgängern. Man versucht sich auf das erzeugen eines Gruselfaktors zu beschränken, welches jedoch nicht gelingt, da die Geschichte genau so gut ohne Sinclair und Co. auskommen könnte, dächte man sich die Kraft und Langlebigkeit von Fjodor einfach weg.

Auch wenn mir ein paar Sprechernamen vollkommen unbekannt waren, so waren es die Stimmen nicht. Erik Schäffler, als besagter „Fjodor Rankin“, hat irgendwie Mütterchen Russland in der Stimme und ich hörte stets einen Akzent, obwohl keiner vorhanden war – Einbildung ist auch eine Bildung.

Das Evelyn Gressmann so britisch daher kommt wie die Corgies der Queen ist ebenfalls hinlänglich bekannt und sie verleiht der nervigen alten Horror-Oma genau die Portion „Bitte, geh weg!“ welche es benötigt um den Hörer genau so zu nerven wie die Figur ihr Umfeld.

Sven Plate, der ewig akustische Teenager, versteht es ebenfalls den guten „Gaylord Rankin“ mit einer Stimmlage zu versorgen, welche einem den Ekel des Schleimigen über den Rücken treibt und auf der Kopfkinoleinwand einen blassen, schwächlich-degenerierten Nichtsnutz entstehen lässt. Und auch die obligatorischen Martin May, Hänschen Täuscher, Stefan Krause, Jürgen Holdorf, Bernd Rumpf und Marius Clarén fehlen nicht.

Hatte ich mich in den Classics bereits mit Alexandra Lange-Baehr – hier noch mit Doppelnamen – gewöhnt und fand ihre Leistung recht passabel, so ist diese hier wieder nicht der Fall. Bitte nicht böse werden, doch man kann in dieser Folge nicht nur vernehmen das Frank Glaubrecht Gebissträger ist, auch bei Frau Lange-Baehr hört man dies überdeutlich. Irgendwie wollte bei mir die Befürchtung nicht verschwinden, das die EDI 2000 bald an akustischer Vergreisung eingehen würde, bekäme man dies nicht in den Griff, so wie in den Classics-Episoden.

Auch den neue Introsprecher, Ronald Nitschke, machte für mich keine gute Figur. Wo auch immer er her stammen mag, ich meinte einen recht ausgeprägten Nordakzent zu vernehmen und hatte das Gefühl „Hoin aus Hammburch“ erzähle mir gerade um was es hier eigentlich ginge.

Doch bliebt abzuwarten was Zaubermond-Audio-Chef Dennis Ehrhardt aus dem guten John in Zukunft machen wird. Das er andere Wege geht, kann man an den Classics deutlich spüren, welche ich bisher positiver fand als deren Vorgänger. So hoffe ich auch in der alten Tante EDI 2000 eine positive Veränderung, weg vom „Boah ey“-Gedröhne des Action John und hin zum gepflegten Grusel eines Mr. Sinclair – welchen Helmut Rellegred zwar nicht wirklich beherrscht, aber Dennis Ehrhardt zumindest versuchen kann in die Scripte zu bringen…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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