58 – Pickmans Modell

Gruselkabinett-58Die Gemälde von Richard Upton Pickman schockieren die Bostoner Kunstwelt. Es sind Darstellungen abscheulicher Wesen in nicht minder grauenerregenden Situationen. Henry Thurber ist mit der einzige im eher konservativen Kunstverein, der nicht von den Bildern abgestoßen sondern sehr fasziniert ist …

TrennstrichDas Gruselkabinett wird, meiner Meinung nach, nicht immer seiner Namensgebung gerecht und auch diesmal ist es nicht der Gruselfaktor, welcher diese Hörspiel so besonders macht.

Auch wenn die lovecraftsche Aussicht auf eine Zivilisation unter der Unseren, welche mit nicht gerade freundlichen Wesen bevölkert ist, recht gruselige Ansätze hat, so wirkt doch diese Bedrohung eher nebensächlich.

Doch die Geschichte ist es auch nicht, welche hier über die komplette Spielzeit hinweg fesseln kann – es ist die Auswahl der Sprecher. Auch wenn die Titanier, Marc Gruppe und Stephan Bosenius, stets mit opulentem Cast aufwarten, so sind hier wahre Giganten der Akustik am Werke.

Dietmar Wunder, Stefan Kaminski und Sascha Rotermund tragen das komplette Hörspiel und verschaffen ihm so ein Flair das auch im Titanierland nicht immer anzutreffen ist. Selbst der Umstand das außer den Dreien nur noch Matti Klemm (schlechteste Leistung hier, da komplett überzogen und nervend), Hans Teuscher und Friedrich Georg Beckhaus (beide nur kurz, aber dafür doppelt so gut wie Matti Klemm) zu hören sind, schmälert diese Leitung nicht.

Die Geschichte ist so, wie man sie von Lovecraft gewohnt ist: Alles mit so offenem Ende das man noch problemlos wahre Tonnen an Fortsetzungen dazu verfassen könnte. Doch wo man auf geschichtlicher Ebene in der Luft hängen gelassen wird, da zeigen die drei Hauptdarsteller wie “geerdet“ sie doch agieren können.

Dietmar Wunder läuft hier geradezu zur Hochform auf, indem er den zutiefst erschütterten und vor seiner unsichtbaren Umwelt erschrockenen „Henry Thurber“ interpretiert, als wäre er nur einen Millimeter davor die Grenze zum mentalen Wahnsinn für immer zu überschreiten. Atemlos hetzt er durch gewisser Teile des Textes um dann kurz darauf wieder in die stoische Ruhe eines Wissenden zu verfallen, welcher mit seinem Leben abgeschlossen hat. Auch wenn Dietmar Wunder schon mehr als ein Hörspiel hinter sich gebracht hat, solche eine Leistung war bisher noch nicht dabei.

Stefan Kaminski kann hier, ganz im Gegensatz zu sonst, keine wirkliche Herausforderung zu besten geben. Die Rolle des „Eliot Granger“ beschränkt sich auf das knappe kommentieren dessen was er von Thurber zu hören bekommt und auf unwesentliche Zusammenfassungen des klar ersichtlichen. Doch trotzdem ist er eine Bereicherung der Produktion, denn alleine diese knappen Auftritte sind des hörens wert.

Der zweite Hochformzeiger ist Sascha Rotermund. Er verschafft dem titelgebenden „Robert Upton Pickman“ ein Flair, wie es widerlicher kaum sein kann. Stets erwartet man das die Figur hysterisch zu kichern beginnt oder in wahnhaften lachen zu verfallen droht, doch dem ist nicht so. Die akustische kippe zwischen Wahn und Verstand schlägt niemals zu einer Seite aus und der Charakter Pickmann ist bis zum Schluss des Hörspiel unberechenbar und bedrohlich.

Wie immer: Musik top, Soundkulisse perfekt. Aber das kennt man ja…

Pickmanns Modell ist für mich eine der herausragenderen Produktionen des Gruselkabinett. Keine leidenden Geister, welche aus Liebe zu Lebzeiten ins Wasser gingen. Keine Ahnen, die aus Bildern spuken und auch sonst nichts verklärend beschönigendes sind hier zu finden…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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