Paris, 1894: Geboren aus der Dekadenz des fin de siècle, erhebt sich ein unvergleichliches Wesen aus den Schatten. Ein Geschöpf von wollüstiger Schönheit und Anmut. Schamlos und verdorben. Eingehüllt in ein Gespinst dunkler Versprechen folgt es dem Geruch seiner Opfer durch die Nacht. Dem atemlosen Lustrausch ihrer Venen. Angelockt vom Ruf ihres willigen Blutes. Besessen von einem einzigen Ziel. Sie glaubten es längst tot. – Doch es ist eben erst erwacht.
Gerade die Zeit zur relativen Wende des achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert eignet sich hervorragend als Schauplatz für Geschichten dieser Art und Weise. Die Ungewissheit der Menschen und die relative Leichtlebigkeit, welche sich im neuen Jahrtausend recht schnell verflüchtigen sollte, ist guter Nährboden für Phantastik aller Art. Und da in der heutigen Zeit die nocturnen Spitzzähne eine bisher sehr langlebige Renaissance erleben, ist es nicht verwunderlich das sie sich auch in vielen Hörspielen tummeln.
Ich habe diese Geschichte erneut in dem Wissen gehört, dass der zweite Teil erschienen ist. Somit werde ich auch das abrupte Ende und die Wartezeit von 2 Jahren, zwischen den beiden Teilen, nicht als negativ bewerten.
Die Geschichte an sich bietet kaum neue Ansätze, welche nicht schon ein Lestat oder sonst ein Leidervampir, welcher sich nicht zu Gattung „reißende Bestie“ zählen lassen will, schon angeboten hätte. Doch ist es das Spiel mit dem Gewohnten aller Dinge, welches die erste Folge so unterhaltend macht.
Relativ schnell ist relativ klar – man kann sich ja immer mal irren, deshalb auch relativ – um welche böswillige Kreatur es sich handeln mag. Doch so richtig festlegen will man sich auf vollen 58 Minuten dann dennoch nicht. Es wird mit keinem Wort erwähnt das es sich um Vampire handelt und man meint nur das es ein Nachfahre Draculas sein muss der für die „blasse Haut“ und das „fehlen jedweden Blutes“ beim „Opfer“ sorgt. Aber sind es wirklich Opfer einer übernatürlichen Kreatur, oder doch eher die Leiden einer unbestimmbaren Erkrankung? Aber, Vampirismus ist doch auch eine Art von „Erkrankung…..
Und so lässt die Geschichte den Zuhörern dann auch ganz zum Schluss im Unklaren darüber was denn nun wirklich passiert ist. Es wird gruselige Unterhaltung auf sehr hohem Niveau geboten und die Dialoge sind teilweise so schwer wie ein Berg, welcher auf den Unterhaltungen zu lasten scheint. Die damalige Sprache wird sehr gut eingefangen und auch wirkungsvoll klingend zum Ohr das Zuhörers transportiert.
Was mich nun zu den Sprechern bringt. Christian Rode ist ein Perfektionist mit einer wohlklingenden Stimmlage und ein Professionalität die in jedem Wort heraus zu hören ist. Doch kann solche Professionalität auch schon einmal zum Fluch werden, wenn man es zu stark übertreibt. Die Aussprache des Satzes „Ich möchte zu Christine de….“ ist so gekünstelt und so gezwungen französisch betont, das es genau so skurril wirkt wie sein „Main Name ist Sherlock Holmes“ – nicht britischer als die Briten und nicht französischer als die Franzosen zu klingen, das wäre die Devise. Ansonsten ist seine Leistung wie gewohnt perfekt. Dies gilt ebenfalls für seine Kollegen Gernot Endemann, Daniela Hoffmann, Peter Groeger, Christine Pappert, Rolf Jülich, einen herrlich arroganten Wolfgang Bahro und viele mehr.
Herausragend ist hier Erzähler Peter Weis. Nicht stimmlich, sondern in seiner Art die Erzähltexte zu transportieren. Das ist manchmal wirklich nur Geschwafele über die Fassade eines Gebäudes oder den Anblick eines Irgendwas und bringt die Handlung weder weiter noch unterstützt sie wasauchimmer. Doch gerade sein Art bringt so viel Feeling in diese Texte hinein und somit auch in das komplette Hörspiel, das es im Gesamtbild sehr stimmig wirkt. Die Inszenierung ist gut gelungen, wie auch nicht anders erwartet – Pferde sind da und Kutschen und Ballgäste und auch ein paar ekelige Matschsounds bei einer Obduktion – alles recht realistisch. Die Musik bekommt ebenfalls ein „gut“ verpasst, denn es geht von orchestral bis schnulzig alles gut ins Ohr.
Im Wissen das der zweite Teil sofort im Anschluss gehört werden kann, bleibt nur noch eines zu tun…
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