Blaue Blitze und Kuttenträger in Seaforth, Kanada? Dr. Morton Zephyre und sein Assistent Dave Edwards meinen, darin eine Spur zu einem älteren Fall zu erkennen. Bei den Untersuchungen vor Ort lernen sie die junge Hackerin Nina Sallenger kennen, die ihnen einige Hinweise geben kann. Die Ereignisse überschlagen sich jedoch von einer Sekunde auf die nächste und scheinen sich allesamt auf die Bohrinsel Blue Thunder zu konzentrieren. Können Zephyre und sein Team das nahende Grauen aufhalten?
Im Jahr 2006 (oder so) erzählte mir mein damaliger Kumpel Erik Albrodt von einer Idee, mit der er gerade schwanger ging. Es handelte sich um ein Hörspiel mit dem Titel „Twilight Mysteries – Fluch der Unsterblichkeit“. Er fragte mich ob ich Ideen für ein Coverlayout hätte und schickte mir drei Skripte zu. Nach dem lesen der Geschichten kam in mir so ein „Das ist wie „Challengers of the Unknown!““-Feeling auf, welches aber überhaupt nicht passte.
Lange Rede, kurz gehalten: Er produzierte drei (geniale) Folgen der Serie, bat sie diversen Labeln/Verlagen an, keiner wollte sie haben, ich machte Cover für alle drei Folgen (welche richtig scheiße waren und den Downloadcovern von Wolfram Damerius nicht im geringsten das Wasser reichen können *siehe unten*), Dreamland brachte die erste Folge auf CD heraus, das Ding floppte und wurde seitdem kostenlos im Internet angeboten.
2015 wurde nun bekannt, dass Erik die Rechte an Highscore Music – bzw. heute Maritim – abgetreten hatte und sich eine neue Serie anbahnte.
Auch wenn ich nicht mehr viele deutsche Hörspiele konsumiere (blah, blah, blah – die alte Leier), war ich doch interessiert, da man bei Neo-Maritim mit dem neuen Jules Verne eine Serie abgeliefert hatte, welche mich wirklich unterhalten konnte und die qualitativ ziemlich hoch angesiedelt ist. Außerdem wollte ich wissen was man nun aus Zephyre und Co. gemacht hat.
Spotify sei Dank – ein Premium-Abo da hat schon was für sich – lies mich gestern Nacht, also am Premierentag der ersten Folge, am ersten Abenteuer unter der neuen Führung von Paul Burghardt und Tom Steinbrecher, auch als Tonstudio SteinHardt bekannt, teilhaben.
Da man, bis auf Kim Hasper in der Rolle des „Dave Edwards“, niemand aus dem alten Cast übernommen hat, stellte ich mich schon auf ein wenig Gewöhnungsbedarf ein, welchen ich auch teilweise benötigte.
In den Nebenrollen wurde aus „Inspector Morris“, damals perfekt von Bert Stevens gesprochen, „G. Hornbuckle“ (leider habe ich den Rang des Cops vergessen) welcher von Dirk Hardegen dargestellt wird. Hardegen ist bei mir über jeden Zweifel erhaben, da ich seine Stimme mag und er eigentlich nie irgendwelche Ausrutscher in der Interpretation der Charaktere hat. WYHIWYG – What you hear is what you get…
„Dr. Morton Zephyre“ wird nun von Marc Schülert gesprochen, welcher sich gegen das gigantische Erbe von Thomas Nero Wolff behaupten muss.
Doch, muss er das? Nein, muss er nicht! Kann er auch gar nicht!
Sei „Zephyre“ klingt relativ jung, genervter, agiler und nicht ganz so Papalike wie die Darstellung von Wolff. Somit hat man also keinen Mittfünfziger mit erhobenem Zeigefinger optisch über die Kopfkinoleinwand laufen, sondern jemand der auch noch ein paar Actionsituationen absolvieren kann, ohne sofort ins Sauerstoffzelt zu müssen.
Detlev Tams taucht übrigens auch kurz auf, womit man also den kompletten Ohrenkneifer geboten bekommt.
Kim Hasper, in der Rolle von Zephyres Assistenten „Dave Erdwards“ ist nach wie vor vorhanden. Hier gilt ebenfalls das WYHIWYG.
Die Rolle der „Nina Sallenger“ erfuhr ebenfalls eine Stimmänderung. Wurde sie in den Albrodt-Produktionen noch von Kellina Klein gesprochen, so hat man sie hier mit Tanya Kahana besetzt.
Man möge mir dies vergeben, doch erinnere ich mich nicht wirklich an die Stimme von Kellina Klein, hatte somit also auch keine Probleme mit dem Charakter, doch empfand ich Tanya Kahanas Leistung als ebenfalls nicht wirklich dauerhaft einprägsam.
Es gibt im deutschen Hörspielsprechernachwuch sehr viele weibliche Stimmen, welche sich für mich identisch anhören. Das meine ich subjektiv, aber bei sehr vielen Sprecherinnen hat man das Gefühl, sie haben einen Kurs belegt, bei ein und demselben Lehrer, welcher nun erzeugt das sie alle gleich betonen und gleich „spielen“. Sicherlich kann der Hardcorenerd diese Sprecherinnen unterscheiden, mir gelingt dies jedoch nicht wirklich. Würde man also Tanya Kahana nun mit einen dieser Akustikklone ersetzen, es würde mir sicher nicht sofort auffallen.
Die Inszenierung ist perfekt, auch in den Actionsequenzen. Das Hintergrundgewusele hört sich realistisch an und ein „Ja, da simmer dabei!“-Feeling stellt sich von Anfang an ein. Was „SteinHardt“ da abliefert ist großes Kino für ein neues Produktionsstudio das aus Autor Paul Burghardt und Musiker Tom Steinbrecher besteht – welche mehr als das können, aber ich brauchte gerade ein jeweilige Benennungsschublade für beide Produzenten.
Die Musik ist nicht wirklich so mein Gusto. Zum einen sind da recht angenehm moderne Stücke, zum anderen findet sich oft ein Retroklang ein, welcher so irgendwie gar nicht passen will. Tom Steinbrecher gefällt es weniger, wenn man seine Musik als Hommage an die Stücke eines Carsten Bohn betrachtet, doch auch hier drängte sich mir der Vergleich sofort auf. Für Hardcorehörspielnerds sicher ein absolutes Plus, für Nichtfandomhörer vielleicht eher ein Anachronismus. Und bevor mir wieder jemand an die Gurgel springt: Das ist subjektiv gesehen – von der jeweiligen Person gelöst und nur als Leistung betrachtet.
Die Story an sich ist eine Origin-Story. Hier findet sich das Team Zephire/Edwards/Sallenger erst und man findet somit einen guten Bezug zu den jeweiligen Charakteren, ohne eine Vorbelastung durch die alte Serie tragen und verarbeiten zu müssen.
Das man den Titel der Serie belassen hat, sehe ich ebenfalls nicht als negativ an, denn außerhalb des Hardcorefandoms fand die alte Serie nicht wirklich statt. Somit kann man sich also sofort ins Wasser stürzen und mit einer, für Nichthardcorefandomhörer, neuen Serie das Gerne versuchen neu zu beleben, was Not tut, denn der 1234ste Sinclairklon – auch wenn er von Thomas Nero Wolff gesprochen wird – erstickt nur mehr die Vielfalt, als dass er sie beleben würde.
Zum Schluss: Eine passable Einstiegsfolge, welche aber noch Spielraum nach oben hat (was für eine dämliche Bezeichnung). Nette Story, Charaktere ok, Besetzung auch ok, Inszenierung perfekt, Musik durchwachsen… Ein Funfaktor ist da, gerade wenn man die alte Serie nicht kennen sollte.
Ich wurde positiver überrascht, als ich gedacht und befürchtet hatte. Mit ein bisschen Feinschliff ab Folge 5 – der für mich eigentlich nur in der Musik liegt, welche ein wenig moderner angelegt werden sollte – könnte sich da ein zweiter „Verne“ für mich entwickeln – auch wenn ich kaum noch deutsche Hörspiele höre… blah, blah, blah… das steht sicher irgendwann auf meinem Grabstein…
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