00 – Zeitzonen

Danger-00Was, wenn man glaubt, sein Leben felsenfest im Griff zu haben? Wenn man der Meinung ist, dass einen nichts so schnell aus dem Takt bringen kann? Wenn man in seiner Sorglosigkeit vermeintlich kleine Begebenheiten übersieht und ihre Bedeutung unterschätzt? Wann kommt dann der Punkt, an dem wir merken, dass uns der Taktstock längst aus der Hand genommen wurde? Dass jemand anderes unsere Geschicke leitet. Etwas anderes. Etwas, von dem wir nicht einmal ahnen würden, dass es über solche Macht verfügt. Aber es besitzt sie. Und es weiß sie hinter seiner gewöhnlichen Fassade bestens zu verstecken. Bis es sich uns in seiner tödlichen Abhängigkeit offenbart.

TrennstrichZeit, ein Gut über dessen Besitz wir nicht willentlich bestimmen können und welches uns unter den Fingern zerrinnt. Doch wie wäre es wenn man (relativ) alle Zeit der Welt hätte? Würde ein Mensch dies ertragen können? Doch wie das Hörspiel zeigt, kann eine solche Gabe nur durch Entbehrungen erhalten und bewältigt werden.

Zuvor muss man voraus schicken das dies hier alles recht spartanisch anmuten mag, es aber bei weitem nicht ist. Vier Sprecher bestreiten den Löwenanteil des Hörspiels, wobei Torsten Münchow und Melanie Manstein davon noch weit über 50% für sich verbuchen können.

Die Story ist jedoch so ausgelegt das man die inneren Monologe von „Original & Kopie“, akustisch Torsten Münchow, nicht als störend empfindet und das Feeling einer inszenierten Lesung zu keiner Zeit aufkommt. Michael Brenneke und Philipp Brammer, als vernehmende Kripobeamte, sind auch fast nur Staffage um die Rahmenhandlung am laufen zu halten.

Auch wenn das Titelbild für mich wie eine Geschichte anmutete welche in eher klassischem Rahmen ablaufen würde, so spielt doch alles in der heutigen Zeit. Die Schnelligkeit unseres Lebens, und die daraus resultierenden Zivilisationskrankheiten, werden hier wie ein Spiegel vor dem inneren Auge des Betrachters hin und her getragen.

Der Protagonist kämpft nicht nur gegen eine Übermacht im diabolisch-übernatürlichem Sinne, sondern muss auch sein Seelenleben dem Zuhörer offenbaren und vor dessen Ohr alles negative in den Griff bekommen. Man kann viele Metaphern in diese Geschichte hinein interpretieren, denn das Objekt der Begierde, welches das Leben beeinflussen kann, wäre fast schon beliebig austauschbar – oder zumindest die Sucht danach.

Wenn auch alles recht ruhig und nachdenklich von statten geht, so ist diese Geschichte doch kurzweilige Unterhaltung pur. Es gibt auch ein paar spannende Momente und Verwirrungen werden ebenfalls geboten, wenn auch erst im zweiten Teil der Story.

Die Inszenierung ist sehr zurückhaltend geraten, was Effekte und Musik betrifft, und lässt den Sprechern den Vortritt in die Hörwelt des Zuhörers. Jeder Sprecher ist Profi genug um seinen Part lebendig und glaubhaft zu vermitteln.

Zwar mit einer Spiellänge von 128 Minuten gesegnet, aber dennoch nicht im geringsten gefährdet langatmig zu werden…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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