40 + 41 – Northanger Abbey

Gruselkabinett-40+41Catherine Morland ist eine leidenschaftliche Leserin von Schauer-Romanen. Im vornehmen Badeort Bath macht sie die Bekanntschaft des faszinierenden Gentlemans Henry Tilney und seiner Schwester Eleanor. Als der Vater der beiden Catherine einlädt, ein paar Wochen mit der Familie auf Northanger Abbey, einer früheren Abtei, zu verbringen, nimmt sie begeistert an. Das unheimliche Gemäuer erregt ihre Phantasie und sie ist sich sicher, dass das riesige, alte Anwesen ein dunkles Geheimnis hütet…

TrennstrichNach zwei Einzelfolgen hier nun wieder der Zweiteiler im edlen Schuber präsentiert. Doch wenn man nach dem Gruselfaktor geht, zu welchem ich später noch kommen möchte, so wäre hier eine Einzel-CD vollkommen ausreichend gewesen.

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,

die eine will sich von der andern trennen:

Die eine hält in derber Liebeslust

sich an die Welt mit klammernden Organen;

die andre hebt gewaltsam sich vom Dust

zu den Gefilden hoher Ahnen. (Johann Wolfgang von Goethe / Faust)

Soweit zur Beschreibung meines Zustandes nach dem hören der neusten Folge des Gruselkabinetts. Auf der einen Seite steht hier die, wie immer, perfekte Inszenierung mit allem was zu einem intensiven Hörspielgenuss gehört. Auf der anderen Seite steht die Geschichte, welche rein für sich genommen auch eine perfekte Umsetzung eines mir gänzlich unbekannten Stoffes ist. Doch ist hier der Sinn der Serie, welcher sich durch den Namen „Gruselkabinett“ schon unmissverständlich definiert, komplett verfehlt.

Die Geschichte um das victorianische Fräulein Catherine Morland und die emotionalen Wirrungen denen sie ausgesetzt ist, hat nicht gruseliges an sich. Selbst die einzige vorhandene Szenen die man, mit viel gutem Willen, minimal mit Grusel bezeichnen könnte, ist so kurz das sie auf den Rest der Spielzeit von fast 2 Stunden keinerlei Einfluss hat.

Was dem Hörer hier geboten wird ist eine Geschichte wie sie in eine Serie von Geschichten passen könnte die im Stil von „Anne Shirley“, welche ja auch bei den TITANIERN akustisch zu hause ist, passen würde, aber nicht in eine Gruselserie. Auch die Bezeichnung „Meisterwerke der Schauer-Romantik“ ist nicht wirklich angebracht. Die einzige Schauer-Romantik, welche vorhanden ist, findet man in den Erwähnungen von Henry Tilney, wenn er Catherine vorhält das sie ihr richtiges Leben zu sehr mit den „Schauerromanen“, welche sie liest, gleichsetzen würde.

Die einzig halbwegs gruselige Szene des Hörspiel, zu finden auf CD 2, ist natürlich atmosphärisch so intensiv umgesetzt das man sich danach mehr erhofft, was die Geschichte aber leider nicht her gibt. Die hier zu hörenden Windgeräusche hören sich nach richtigen, verzerrten Schreien an, welche aus dem Gemäuer von Northanger Abbey zu kommen scheine und das Gewitter im Hintergrund ist ebenfalls sehr imposant.

Das Sprecherensemble wartet wieder mit einem „who-is-who“ auf das sich hören lassen kann. Neben Marie-Luise Schramm, in der Rolle der Catherine sind unter anderem Cathleen Gawlich, Norbert Langer, Hasso Zorn – als wunderbar altmodischer Erzählonkel, Tanya Kahana, Timmo Niesner, Monica Bielenstein, Roland Hemmo, Ursula Sieg und Regina Lemnitz zu hören. Mein einziger Kommentar hierzu: Kein Kommentar, alles Profis – alles Top-Leistungen.

Die Inszenierung ist ebenfalls wieder gewohntes Top-Niveau. Stimmklang und Geräusche fügen sich in die sehr abwechslungsreiche Musikuntermalung ein und ergeben wie immer ein sehr stimmiges Gesamtbild ab.

Das Problem, welches sich nun bei der Wertung ergibt, ist der Umstand das ich hier leider sagen muss das man das Klassenziel des „Gruselkabinett“ kilometerweit verfehlt hat. Kein Grusel und noch nicht einmal leichte Scheuer wollte bei mir aufkommen und ich ließ mich schon nach der ersten Hälfte von CD 1 auf eine Geschichte im Stil von „Anne in…“ ein, von der ich auch keinen großartigen Wendungen mehr erwartete. Hier erfüllt das Hörspiel die Erwartungen dann jedoch zu 100%.

Für Gruselfans, welche auch mal ein wenig weniger Grusel vertragen sicher immer noch schwierig zu hören. Für Fans von „coming of age“-Geschichten aus der victoriansichen zeit ein Muss, da die Umsetzung perfekt ist.

So möchte ich bei der Bewertung auch das verfehlte Klassenziel außer Acht lassen, da der Gruselsucher ja bereits im Vortext genug „gewarnt“ wurde, und alleine das Hörspiel an sich bewerten…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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