01 – Schrecken ohne Gesicht

Gruselserie-01In einer stürmischen Gewitternacht sitzt der alte Henry zusammen mit seiner Schäferhündin Tosca in seinem Kiosk und wartet auf verspätete Kundschaft. Die Ereignisse, die sich in dieser Nacht zutragen, lassen den alten Mann an seinem Verstand zweifeln. Etwas unfassbar Böses schleicht durch die Straßen und Gassen Londons und Henry wird ungewollt Zeuge einer Treibjagd, wie sie sich nur der Teufel selbst hat ausdenken können…

Danksagungen sind eine schöne Sache, vor allem wenn der Macher sich beim Helfer bedankt, ohne den es das gestaltgewordene Produkt nicht gegeben hätte. Allerdings gehört so etwas für mich subjektiv an den Schluss des Hörspiels, denn wenn in der Danksagung auch noch von einem „tollen Hörspiel“ die Rede ist, spitzt man die Erwartung des Hörers auf das kommende Hörmaterial noch ein wenig mehr an. Kann man denn die Erwartung eines „tollen Hörspiels“ erfüllen…

…man kann!

Zuerst einmal sei erwähnt das ich stets das Gefühl hatte, das hier ein Hörspiel von einem Hörspielfan für Hörspielfans gemacht worden ist. Doch trifft es diese Bezeichnung keineswegs vollkommen. Zwar ist das „Intro“ eine Updatekopie des TSB-John Sinclair-Intro, nur das sich dieses Intro nach 2012 anhört und man bemerkt das man zwar eine Hommage anbringen, sich aber wohl auch nicht wirklich blamieren wollte.

In den letzten Jahren haben ein paar Hörspielserien versucht sich als Legat in neuzeitlicher Inkarnation der HG Francis-Gruselserie zu etablieren. Bisher ist es, meiner aktuellen und subjektiven Meinung nach, jedoch niemandem wirklich gelungen. Zwar kann man streckenweise mit Geschichten des Altmeisters punkten, oder denen von anderen Schreiberlingen aus der guten alten Romanheftgruselzeit, doch irgendwie ist es bisher nicht machbar gewesen das Feeling zu erzeugen, welches HGF so vortrefflich zu bewerkstelligen wusste. Entweder sind die Spielzeiten zu lang, die Geschichten zu belanglos oder man spielt zu viel mit dem verstaubten Image des Gewesenen, sodass der Zuhörer nicht wirklich den trivialen Unterhaltungsspaß findet, welchen man vor über +/- 30 Jahren geboten bekam.

Die Grusel-Serie vom Studio Hörsturz hingegen ist nicht nur optisch eine Hommage, sie hält sich auch an die Vorgabe „Mach es kurz und langweile nicht!“. Die Spielzeit ist erfrischend gering und man wird nicht mit ellenlangen Erklärmonologen gelangweilt oder durch künstliches Aufbauschen einer Nichtigkeit unnötig vom Ende der Geschichte fern gehalten.

Der erste auffällige Punkt in der Inszenierung war für mich jedoch der Umstand das Regisseur und Autor David Frentzel dem Zuhörer die Möglichkeit gibt erst einmal wieder in die Atmosphäre der Geschichte hinein zu kommen, nachdem der Erzähler ihn bei der Hand durch die Szenerie geführt hat. So hört man zuerst das Regenwetter und den Rest der Umgebung, bevor die angekündigten Schritte auf dem nassen Asphalt erklingen.

An Sprechern hat man aufgefahren was Name und Stimme hat. So bekommt man im kleinen Ensemble der ersten Folge als Erzähler: Ernste Meincke, als Henry: Helmut Krauss, als Polizist Jim: Michael Hansonis, als Sir Andrew: David Nathan, als Portier: Uve Teschner und als James: Oliver Rohrbeck geboten.

Bekannterweise sind dies Hochkaräter, was die Hörspielsprecherszene betrifft, und man hört sie hier nicht zum ersten Mal. Jedoch hatte ich bei Michael Hansonis das Gefühl des Nichtkennens, denn weder Stimme noch Name kamen mir bekannt vor. Auch liefert er die schlechteste Vorstellung ab, was jedoch subjektiv daran liegen mag, das ich seine Stimme als recht unangenehm, vom Timbre her, empfand.

Die bereits oben erwähnte Soundkulisse ist vom feinsten, denn das Regenwetter hält über die komplette Spielzeit hinweg an, ohne aufdringlich zu wirken. Ohnehin wirken alle Effekte und Geräuschschnipsel sehr defensiv, denn sie stützen die Sprecher eher, denn das sie diese versuchen zu überlagern – ein Zeichen von guter Abmischung.

Auch die Musik von Klaas van de Loo und Michael Donner ist eher unterstreichend zu bemerken, als das sie die Szenerie beherrschen würde. Sie chargiert von neuzeitlichen Rhythmen über eher klassisch angehauchte Themen bis hin zum folkloristischen Hintergrundklanggemälde.

Soweit zur Technik und den Spielern in der Geschichte – denn diese hat es nötig eine solch ausgezeichnete Umsetzung zu bekommen. Mumiengrusel ist nicht wirklich die innovativste Sache der Hörspielgeschichte und man bekommt auch nicht wirkliche Neuerungen geboten, wenn man sich in der Welt der bandagierten Wandelleichen ein wenig auskennt. Doch ist es nicht verwunderlich das man auch in diesem Punkt eher hommagiert, denn das man auf innovative Neuerungen setzt – man will schließlich sein Produkt verkaufen und das sicher nicht nur an den Fan aus dem Internet. Dieser Fan wird eh zuschlagen, wenn er das Cover und den Waschzettel der Folge zu Gesicht bekommt, der Hörspieler im Medienmarkt muss jedoch anders überzeugt werden.

Am Schluss ist nun noch etwas unter gebracht, was mir stets ein Buch mit sieben Siegeln bleiben wird: Outtakes. Zuerst einmal finde ich sie nicht lustig, da sie zumeist vollkommen aus jeglichen Kontext gezogen sind und zum anderen finde ich es nur für die Beteiligten wirklich hörenswert. Doch da sie am Schluss aufgestellt sind, kann man sie überspringen, sollte man ihnen genau so gegenüber stehen wie ich es tue.

Viel Geschwafel mit nur einem Sinn: Wer dies verpasst, ist selber Schuld.

Mir selbst fällt es schwer Vorurteile gegenüber solchen Produktionen erst einmal über Bord zu werfen, doch ist es dem Team des Studio Hörsturz mit Leichtigkeit gelungen mich vom positiven Gegenteil zu überzeugen. Hörspiele, welche von (vermuteten) Kassettenkindern gemacht werden, müssen nicht zwangsläufig verstaubt und mit der Verklärung einer Kindheitserinnerung verzerrt sein. Die Grusel-Serie verbindet beide Welten, die des alten HGF und die der Jetztzeit, mit viel Liebe zum Detail und einem Kopf in der Realität. Und, was der wohl wichtigste Aspekt ist – sie versteht zu unterhalten, denn es ist ein Hörspiel und keine Gehirnchirurgie…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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