Etwas geht um auf Londons Straßen. Etwas, dass das flackernde Licht der Gaslaternen nicht erhellen kann. Die Spur führt in die Vergangenheit; zu Ereignissen, die Paul Lessingham lieber vergessen wollte…
Der Name Richard Marsh – der Autor der Geschichte, welche dem Hörspiel zu Grunde liegt – ist nur eingefleischten Fans von Gruselliteratur der eher frühen Jahre bekannt. Von 1818 bis 1920, also selbst 5 Jahre nach seinem Tod, veröffentlichte man jedoch eine große Zahl seiner Romane und Kurzgeschichten und bis heute zählt er zu den Geheimtipps wenn es um gepflegten Grusel der very britischen Art geht.
Der „Skarabäus“ entstand im Jahr 1897, unter dem recht pragmatischen Titel „The Beetle“, und erzählt eine Geschichte wie man sie schon mehrfach hat erleben können, visuell wie auch vertont. Das Grauen kehrt aus der mystischen Vergangenheit Ägyptens in die heutige Zeit Großbritanniens zurück und verfolgt diejenigen, welche in seinem Heimatland mit ihm konfrontiert wurden.
Doch muss sich der Protagonist der Story nicht mit einem längst verstorbenen und in Mullbinden verpackten Herrscher/Priester/Verfluchten herum schlagen. Dieser Dämon hier ist weiblich und hat einiges mehr zu bieten als schlurfende Schritte und das Verlangen nach Entfernung von bereits erwähnter Verpackung. Der hier agierende Unheilbringer versucht sein Hab und Gut zurück zu holen und jemanden zu bestrafen, da dieser es wagte sich aus seinem Einfluss und abhängiger Sklaverei zu befreien.
Nervenzerfetzende Spannung kommt hier nicht wirklich auf, doch lässt der gepflegt umgesetzte Grusel die Nackenhaare ab und zu doch in wohliger Schauer nach oben schießen. Das Setting der einzelnen Schauplätze wird mit einer Menge gut abgestimmter Geräusche belebt und es drängen sich Assoziationen mit einer anderen Gruselanthologien-Hörspielserie auf. Der „Nachtmahr“ wirkt jedoch im Gesamtbild – auch der zweite Teil, welchen ich vorher gehört habe – erwachsener, weniger verspielt und auch die Grundgeschichte ist ernsthafter.
In der gut abgestimmten Inszenierung bewegen sich die Profisprecher mit spielerischer Leichtigkeit und nur zwei Negativpunkte sind von mir subjektiv zu bemängeln. Zum ersten wäre da Hans Peter Hallwachs als Erzähler. Leider nuschelt er sich durch seine wenigen Parts und ein Erzähler wäre hier auch nicht wirklich von Nöten gewesen, hätte man die Rolle des „Sydney Atherton“ alles aus der Ich-Perspektive erzählen lassen. Zweiter Punkt ist, das sich Franziska Pigulla eher androgyn anhörte, was ihrer Rolle vielleicht einen Pluspunkt verschaffen sollte, mir aber eher als unpassend aufstieß.
Des weiteren sind Bernd Rumpf und Anna Carlson zu hören, welche ihre Rolle mit Bravour meistern. Wolfram Koch, in der Rolle des „Sydney Atherton“, bestreitet den größten Teil der Geschichte und ist so rollenfest das er es auch mit Leichtigkeit geschafft hätte den Part des Erzählers, aus der Ich-Perspektive, mit zu übernehmen. Seine Stimme ist angenehmer als die von Hans Peter Hallwachs und er ist um eine vielfaches kraftvoller und deutlicher im Spiel.
Das Booklet, auch wenn ich so etwas nur selten erwähne, ist ein wahrer Augenschmauß. Neben der recht ausführlichen Vita des Autors und nett verpackten Sprecherfotos liegt eine Karte der Schauplätze bei. Nicht in das Booklet eingefügt, sondern wie eine eigenständige Karte der damaligen Zeit gestaltet, macht es Spaß sie während des hörens zur Hand zu nehmen und die Wege der Akteure darauf zu verfolgen.
Beide Folgen, wie gesagt – ich habe die zweite vor der ersten Folge gehört – machen einen sehr angenehmen und durchweg kurzweilig unterhaltenden Eindruck. Der „Nachtmahr“ ist eine Idee welche ich persönlich gerne in Serie gehen sehen würde, als Ergänzung zu der bisher existierenden Gruselhörspielanthologienserie.
Düster, aber nicht zu sehr, intensiv, bedingt durch eine erwachsenere Story und die eher abgeklärte Führung durch diese, und mit viele Liebe zum Detail umgesetzt…
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