Pilgrim erzählt die Geschichte von William Palmer, der im Jahr 1185 auf der Straße nach Canterbury vom König der Feen zur Unsterblichkeit verflucht wurde, weil er die Gegenwart der „Anderen Welt“ leugnete. Seither wandert Palmer alias Pilgrim hin und her zwischen den Welten der Menschen und der Feen, auf der stetigen Suche nach seiner Sterblichkeit.
William Palmer wünscht sich nichts mehr als seinen Tod. An sich ein recht ungewöhnlicher Wunsch, doch wenn man 900 Jahre hinter sich hat und eigentlich alles erlebt hat was es zu erleben gibt – gewöhnliches oder ungewöhnliches – so könnte solch ein Wunsch durchaus in den Bereich des verständlichen geraten.
Das es sich hier um keinen Krimi handelt, sondern um Hörspiele aus dem eher übernatürlichen Bereich, sollte die Einleitung bereits nahe gelegt haben. Die drei hier eingespielten Geschichten spielen zwar in der heutigen Zeit, doch fußen sie tief in der Mythologie der britischen Inseln. Das „graue Volk“, wie die Briten dieses Sammelsurium an Sagengestalten nennen, beinhaltet mehr als nur Elfen, Drachen und Feen. Und genau um dieses graue Volk und seine Einwirkungen auf die Welt von heute und damals dreht sich die Geschichte des William Palmer.
Verflucht niemals sterben zu können – warum entnehme man dem Waschzettel oben unter dem Cover – versucht Palmer nun so gut wie möglich als Mittelsmann zwischen den Welten zu agieren und eine Koexistenz auf irgendeiner Ebene zu erreichen, ohne zu große Verluste auf beiden Seiten.
Wer die Originalversion der Geschichten der BBC-Serie kennt, wie es bei mir der Fall ist, der hat seine Probleme sich vollkommen unvoreingenommen auf die eingedeutschte Version einzulassen. Dennoch werde ich es versuchen…
Die Geschichten um Will Palmer sind düster, depressiv und von stetigem Übel über den Häuptern der Protagonisten überschattet. Unverstand dem jeweils Anderem gegenüber führt auf beiden Seiten zu fatalen Übergriffen und Fehlverhalten. Zwischen all diesen negativen Dingen lebt Palmer sein Leben seit mehreren Jahrhunderten, ohne seinen Versand zu verlieren. Solch ein Charakter verlangt vom Sprecher eine Menge an akustisch-tiefenpsychologischem Einsatz, um den Eremiten der Zeit glaubhaft darzustellen.
Leider gelingt Rufus Beck dies nicht.
Beck wirkt zwar souverän, doch erscheint sein Palmer alt, unbeteiligt und wenn einmal ein wenig bewegt, dann eher in minder interessierten Bahnen. Hier scheint der Name und sein Leumund mehr aussagen zu wollen als der Sprecher bereit ist zu geben. Ob dies nun an der Regie gelegen hat, oder ob Beck sich entschied William Palmer vorrangig als seelisch abgestumpften Beobachter der Ereignisse darzustellen kann ich nicht sagen, doch selbst im unterdrücken jedes Vergleiches mit dem Original, kann Beck hier nicht punkten. Schleppend, enervierend monoton und ohne jede erkennbare Spielfreude versinkt dieser Palmer in der Geschichte an sich bereits im ersten Hörspiel nach wenigen Sätzen.
Die anderen Sprecher schließen sich ihm fast ausnahmslos an. Namentlich sind mir nur Buddy Elias und Ulrike Krummbiegel bekannt, was jedoch nichts aussagen will über die Qualität der Sprecher an sich. Ebenso wie Beck agieren alle Stimmen in ihren Rollen souverän und ebenso agieren sie wie schön ausstaffierte Puppen, ohne großartig bemerkenswerte Lebensfunken in den akustischen Augen.
Die drei Hörspiele reichen aus um Palmer und sein ihn umgebendes Universum zu realisieren und auch in der bedeutungsvollen Tiefe der vorhandenen Möglichkeiten abtauchen zu können. Dennoch ist es nicht wirklich das HörSPIEL was überzeugen kann, sondern einfach nur die Genialität der Geschichten an sich.
Tiefstes Radiogebiet wird hier erkundet und so sparsam ausinszeniert wie man es nur noch selten zu hören bekommt. Sterile Umgebungen, deren Geräuschwelten eigentlich nur als grobe Risszeichnungen der Handlungsebenen zu gebrauchen sind, statt eine satte Kulisse vor dem inneren Auge zu projizieren. Zu viel wird der Vorstellungskraft des Hörers überlassen und man fragt sich ob der Begriff des „Hörspiel für Erwachsene“ stets mit minimalistischen Umsetzungen einher gehen muss. Raumklang ist genau so Fehlanzeige wie eine wirkliche Tiefe der Inszenierung. Kammerspiel at it´s best!
Schade das die Macher vom SRF nicht die Möglichkeiten genutzt haben, welche die Originalvorlage bietet. Mehr Leben, mehr Lebendigkeit, mehr Lebensfreude – mehr an der Inszenierung des Original angelehnt ohne es zu plagiieren.
Wer E und U in der heutigen Zeit immer noch trennt, der wird nur ein leeres Feld nach der Saat geliefert bekommen.
Im Schluss wäre zusammenzufassen das sich diese Hörspielbox für die Freunde von reinrassiger Radiohörspielunterhaltung geradezu prädestiniert. Wer es lebendiger mag, oder gar das Original kennt, der wäre – meiner Meinung nach – gut beraten sich dieser Produktion vorsichtig zu nähern.
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