01 – Saat

Traumwandler-01

Können Träume Wirklichkeit werden? Ohne Vorwarnung werden für Jonathan Drake Ereignisse, die sich in seinen Träumen abgespielt haben, real. Was relativ harmlos beginnt, stellt sich mit der Zeit als größter Alptraum seines Lebens heraus. Seine dunkle Seite bricht in der Gestalt einer unheimlichen, rothaarigen Frau durch und zwingt ihn zu mörderischen Handlungen, die mehr und mehr ausser Kontrolle geraten. Und die Saat ist gelegt.

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Der für mich subjektiv positivste Effekt eines Hörspiels wurde hier vom Buchautor Markus Winter mit berücksichtigt. Der Erzähler ist auch gleichzeitig der Hauptakteur „Jonathan Drake“ selber. So bekommt man sofort einen guten Zugang zur Geschichte und dem Seelenleben der Figur, welche man durch die kommenden sechs Folgen begleiten wird. Dies nimmt dem Zuhörer die Möglichkeit sich nur als übergeordneter Beobachter in „Sicherheit“ zu wiegen und nicht zu stark in die Geschichte mit einzubeziehen. Aber gerade das ist für mich den Sinn des Hörspielhörens – in eine andere Welt zu kommen und sich darin für die Dauer der Spielzeit fallen zu lassen.

Auch der „Fluch des ersten Teils“ wird gut gemeistert. Alles beginnt sehr mysteriös um dann in die übliche Vorstellung der Charaktere überzugehen. Dies kann sich schon einmal in zu ausführliche Schilderungen verfangen, doch darauf wird hier verzichtet denn die notwendigen Eckdaten reichen irgendwie vollkommen aus um die Charaktere als gegeben zu akzeptieren.

Alle Fragen bleiben offen und man wird recht ratlos nach der ersten Folge zurück gelassen. Doch ist dies ja der Sinn der Sache und die Angabe von „Die neue Mystery-Hörspielreihe in sechs Teilen“ macht frohen Mut sich sicher zu sein das nicht alles zu stark ausgewalzt und zu weit in die Länge gezogen werden wird. Die Visionen, oder Träume, von Jonathan werden Realität – oder doch nicht – und die ganze Szenerie wird spätestens ab der Hälfte der Spielzeit so unwirklich das man sich automatisch in ihr verfangen muss.

Nun gibt es solche Hörspiele nicht wirklich wie Sand am Meer und der erste Versuch solch einer Serie ging, meiner Meinung nach, in einem Schattenreich mit wehenden Fahnen unter. Doch verspreche ich mir hier traumwandlerisch etwas mehr, denn alles scheint, bedingt durch die Endlichkeit der Geschichte, schon von vorne herein nicht so konfus angelegt worden zu sein wie die andere Produktion.

19 Sprecher hat Regisseur Mario Cuneo um das Mikrophon versammelt. Allen voran dominiert Jens Wesemann, als Jonathan Drake, das komplette Hörspiel. Er ist allerdings in der Lage die Erzählerparts gut von den aktiven Spielszenen zu trennen. Auch wenn mir Name und Stimme bisher vollkommen unbekannt waren, so empfand ich das Timbre Wesemanns als sehr angenehm. Sein Rollencharakter ist zwar Dingen ausgesetzt die ihn zwischendurch dazu zwingen diesen weinerlich und leidend zu sprechen, doch versteht Wesemann, sicher auch durch die Anweisung der Regie, nicht zu nervig zu klingen oder gar ins übertriebene Jammern zu verfallen.

Besonders gewundert habe ich mich über Thomas Karallus, als Dr. Seward. Die bisherigen Hörspielrollen, welche ich von ihm gehört habe, waren alle irgendwie so angelegt wie der „King of Queens“. Doch hier geht er akustisch sehr eigenständige Wege und zeigt das er stimmlich mehr vorzuweisen hat als die deutsche Interpretation einen dicken, amerikanischen Paketfahrers.

Auch der Rest des Cast kann sich gut und gerne hören lassen und Namen wie Wolf Frass sind auch nicht wirklich unbekannt. Große Ausrutscher gibt es keine, auch wenn nicht alles wirkliche Profis sind und gewisse Namen eher im Pressebereich auftauchen.

Nachdem „Professor Zamorra“ ja vielerorts eine Menge Schelte bekommen hat, was die Story und die Umsetzung des Erzählers anging, so könnte sich hier etwas schleifen lassen was ein Diamant werden könnte. Einzig die Story könnte noch für Verdruss sorgen, doch der Anfang ist vielversprechend. Sollte sich nicht alles zu stark verzetteln und zu sehr an den Haaren herbei gezogen werden sind mir sechs, in sich serientechnisch abgeschlossene Folgen, lieber als ein Schrecken ohne Ende.

Die Inszenierung lugt nicht aus der Masse der heutigen Produktionen heraus. Sicher ist sie für ein Kleinlabel wie Delicious Media hervorragend, doch möchte ich hier auch Vergleiche mit Produktionen von STIL oder WortArt ziehen, denn da kann dieses Hörspiel problemlos mithalten und muss sich weder mit den Sounds noch mit der Musik verstecken.

Trotzdem möchte ich mit dem Jubelschei über eine neue hörenswerte Serie noch ein wenig bedeckt zurück halten, denn ich habe schon Pferde vor der Apotheke sich übergeben sehen und gerade Mystery eignet sich hervorragend dazu in letzter Minute die Kurve doch noch zu verpassen und ins Chaos zu stürzen.

Sprecher top, Inszenierung auf sehr hohem Niveau und die Geschichte mit viel Potential versehen…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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